Montag, 3. August 2009

Geistliche Übungen (3): Achtung zeigen

Viel soziales Gift entsteht dadurch, dass wir die negativen Eindrücke, die wir von anderen gewonnen haben, als Vorurteile pflegen und hegen und gerne als Gerüchte in Klatschrunden weiterverbreiten. Wir werten uns auf, indem wir andere abwerten. Oft beruhen unsere negativen Einschätzungen aber auf reinen Missverständnissen. Nicht selten schämen wir uns vor uns selbst, wenn wir uns dabei ertappen, falschen Eindrücken oder Informationen aufgesessen zu sein. Natürlich sind wir nicht nur Täter, sondern oft auch Opfer von Gerüchten und Unterstellungen, von denen wir wissen, dass sie so überhaupt nicht zutreffen. Seltsam nur, dass wir aus solchen Widerfahrnissen nicht den Schluss ziehen, dass unser Gerede über andere eben auch nicht gerade zuverlässiger ist.
Das Gegengift ist die Fähigkeit, Klatsch möglichst zu unterlassen und Gerüchten auf den Grund zu gehen, indem man z.B. sich selbst ein Bild von der Sache macht. Ein kurzes Gespräch mit der betreffenden Person kann da Wunder wirken. Der Sachverhalt stellt sich für uns nun schon anders da. Es gehört nicht viel Mut dazu, diesen Schritt zu gehen und doch wird er so oft unterlassen. Wir geben damit dem anderen die Chance, seine Würde zu behalten. Mit diesem Schritt zeigen wir, dass uns die Achtung des anderen wichtiger ist als der Genuss, ihn abzuwerten. Die Übung der Achtung vertieft sich, wenn wir uns grundsätzlich immer wieder daran erinnern – mehrmals am Tag –, in unserem Erleben und mit unserem Handeln die Würde der anderen zu mehren und nicht zu verringern. „Derjenige Mensch hat den höchsten Wert, in dessen Nähe andere an Wert gewinnen.“

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