Freitag, 7. August 2009

Jakobusbrief (1): Gott im Jakobusbrief

Auf welche besondere Gotteserkenntnis ist die Spiritualität im Jakobusbrief bezogen?
1. Jakobus legt besonderen Wert darauf, dass Gott nur mit Gutem in Verbindung gebracht wird. Gott schenkt gerne, und alles, was er schenkt, ist gut:
„Gott gibt allen gern“ (1,5)
„Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemanden.“ (1,13)
„Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt.“ (1,17)
Zwei Gaben sind besonders wichtig: Gott hat die Glaubenden (neu) geboren durch sein Wort der Wahrheit; er hat es in sie gepflanzt (1,18.21). Den Glaubenden möchte Gott die Weisheit von oben schenken (1,5; 3,17-18).
2. An vielen Stellen spricht Jakobus schlicht von „Gott“. Gott ist der „Vater“ (1,27). An der Seite Gottes steht der „Herr Jesus Christus (1,2), der „Herr der Herrlichkeit“ (2,1), oder einfach der „Herr“ (1,7). In 3,9 ist Gott „Herr und Vater“, in 5,4 wird die Anrede „der Herr Zebaoth“ aus Jesaja 5,9 zitiert. Die Bezeichungen sind also auswechselbar, alle bezeichnen Gott im Vollsinn. Das zeigt, dass Jesus Christus als der „Herr“ ganz auf die Seite Gottes, des Vaters gehört. Gott ist einer, Gesetzgeber und Richter, der die Macht hat zu retten und zu verurteilen (4,12). Damit sind zwei zentrale Eigenschaften Gottes benannt: Gott ist Gesetzgeber und Richter.
3. Von Gott stammt das „vollkommene Gesetz der Freiheit“ (1,25, 2,12) und das "königliche Gesetz" der Nächstenliebe (2,8), aber auch alle anderen moralischen Gesetze, an denen sich die sittliche Lebensführung zu orientieren hat (2,11; 4,11).
4. Indirekt ist von Gott die Rede, wenn Jakobus das zukünftige Gericht betont (2,12-13, 3,1). Vor allem „der Herr“ ist der Richter, der bald kommen wird (5,7-8), ja als Richter schon vor der Tür steht (5,9). Hier ist Jesus Christus gemeint. Maßstab des Gerichts ist das „Gesetz der Freiheit“, das sich an der getanen Barmherzigkeit orientiert (2,12-13). Als Richter ist Gott einerseits „voll Erbarmen und Mitleid“ (5,11), andererseits gegenüber den Unbarmherzigen „erbarmungslos“ (2,13). Offensichtlich ist das für Jakobus kein Widerspruch zu Punkt 1 oben. Ich habe den Eindruck, dass für Jakobus Gott in der Gegenwart nur gute Gaben schenkt, böse Taten nicht gleich bestraft, sondern zulässt, aber dann im nahe bevorstehenen Gericht das Böse schließlich vergelten wird: aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. In der Gegenwart, jetzt, sollen sich die Menschen dem schenkenden, rettenden Gott zuwenden und sich mit seiner Weisheit erfüllen lassen.

2 Kommentare:

  1. Mich interessiert die Bibel im Kontext zu anderen Religionen.
    Was bedeutet das vollkommene Gesetz der Freiheit und das königliche Gesetz der Nächstenliebe. Da die Bibel die Grundlage des christlichen Glaubens ist und sie Botschaften an Christen enthält ist doch spannend danach zu fragen, was diese beiden Gesetze bedeuten.
    Bedeutet das vollkommene Gesetz der Freiheit, dass unser Denken über Gott und die Ausübung unseres Glaubens frei gestaltet werden kann? Kann ich einen Shintoschrein aufsuchen und dort meinen spirituellen Glauben mit den dort lebenden Menschen teilen? Ist das meine Freiheit? Religiöse Institutionen schaffen Dogmen und schränken meine Freiheit ein. In Bibelstunden ist es mir nicht gelungen einen Kompromiss zwischen dem Christentum und der Wissenschaft (Kreationismus und Schöpfung) zu schließen. Noch weniger zwischen dem Christentum und anderen Religionen. Und Kooperation zwischen diesen Institutionen oder Denkweisen scheint absolut unmöglich. Und jetzt ist hier vom vollkommenen Gesetz der Freiheit die Rede. Und das königliche Gesetz der Nächstenliebe kommt sogar noch hinzu. Umso mehr sind wir dann doch als Christen dazu aufgerufen ein Höchstmaß an Toleranz zu zeigen.
    Wenn ein Japaner mein beispielhafter Nächster ist und ich durch die Bibel aufgefordert werde diesen zu lieben, was ist dann meine nächste Aufgabe? Soll ich ihn zum Christentum bekehren und ihm sagen, dass der Shintoismus eine Irrlehre ist (natürlich nicht so direkt, sondern mit einer Menge Empathie, Erfahrungsberichten über Jesus, die Schuld der Menschheit, den Opfertod Jesu für uns, usw.). Aber beschneide ich dann nicht seine Freiheit? Es kann doch sein, dass er sehr glücklich in seiner Religion ist und fest daran glaubt (so wie ein Adventist, ein Baptist oder ein gläubiger Katholik an seine "Richtung" glaubt). Dann würde mir die Bibel die Bekehrung ja sogar versagen. Oder bedeutet Bekehrung gar, dass es Gott „nur“ darauf ankommt Menschen zum Glauben zu führen? Zu welchem ist egal. Hauptsache der spirituelle Draht zu IHM wächst. Und ER steht für das Gute. Für ALLES Gute auf dieser Welt.

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  2. Hallo Rene,

    vielen Dank für deine Stellungenahme und die interessanten Überlegungen darin, die sehr viele Bereiche anschneiden. Ich möchte auf zwei Aspekte eingehen:
    Die Formulierung "Gesetz der Freiheit" im Jakobusbrief läßt viel Spielraum für eine Interpretation. Mein Vorschlag ist es, die Freiheit auf die Freiheit zur Barmherzigkeit zu beziehen, weil Jakobus genau das im Zusammenhang mit der Formulierung "Gesetz der Freiheit" thematisiert. Leben wir aus Barmherzigkeit und Liebe heraus, respektieren wir und wertschätzen wir auch "Andersgläubige" und helfen ihnen, wenn sie in Not sind. Nächsteliebe hat einen klaren Zug zur Toleranz (das ist auch am Gleichnis vom barmherzigen Samariter zu erkennen) Die "Liebe" weiß dann am besten, was in einer bestimmten Situation dran ist.
    Das Evangelium öffnet uns die Augen für die Liebe Gottes, dafür, dass Gott wesenhaft Liebe ist und dass ich wie jeder Mensch unendlich von ihm geliebt ist (Joh 3,16). Das zu erkennen, ist ein Geschenk, das man in Freude empfängt. Wenn ich diese Nähe Gottes existentiell erkennen darf, werde ich zum Zeugen dieser Liebe, die aber niemals zwingt oder rechthaberisch sein kann (denn das kann nicht aus dieser Liebe enstpringen). Als Zeuge muss ich aber nicht beweisen, was ich glaube, oder andere ihres Irrtums überführen, sondern ich bin schlicht eingeladen zu bezeugen, was Gott mir als Erkenntnis anvertraut hat. Zeugenschaft ist sanftmütig, friedfertig, taktvoll und gleichzeitig doch fest und gewiß.

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