Mittwoch, 9. Dezember 2009

Vernünftige Argumente für die Realität Gottes

Glaube ist wesentlich ein Beziehungsgeschehen zwischen Gott und Mensch. Gott offenbart sich mir, er spricht mich an, er trifft mich ins Herz, in mein Existenz-Zentrum. Was aber, wenn ich aufgrund bestimmter Vorannahmen bezüglich Rationalität und Vernünftigkeit die Realität Gottes für grundsätzlich irrational, für denkunmöglich halte? Wenn es in meinem Denken gar kein Tor zu einer größeren Wirklichkeit gibt oder offen gehalten wird? Darum ist es von religiöser Seite her wichtig, zu zeigen, dass das Denken, die Rationalität des Menschen zwar Gott nicht beweisen, aber zumindest für denkmöglich halten kann. Das reicht für den Glauben nicht aus, aber es weitet das Denken.
Was die Realität Gottes anbetrifft, so haben Philosophen und Theologen in den letzten 2500 Jahren nämlich durchaus mehrere starke Argumente gefunden, die zur Kenntnis genommen werden sollten.

1. Mit guten Gründen läßt sich im Kosmos eine Zielgerichtetheit, durch Raum und Zeit bestimmt, erkennen. Der Kosmos wird durch über 30 Naturkonstanten gesteuert (z.B. durch die Plancksche Mauer), die auf einen Grund schließen lassen, der sie eingerichtet hat und der der Entfaltung des Universums ein Ziel gegeben hat. Das Universum scheint genauestens reguliert worden zu sein. Wären die physikalischen Gesetze nicht genau so, wie sie es sind, dann gäbe es kein Universum, kein Sonnensystem, keine Erde und keine Menschen auf ihr, um darüber zu sprechen. Jean Guitton fragt staunend: „Ist diese schwindelerregende präzise Regulierung schierer ‚Zufall‘, oder entspringt sie dem Willen einer ersten Ursache, einer organisierenden Intelligenz, die unsere Realität transzendiert?“
2. Weiterhin läßt sich beobachten, daß alle Vorgänge im Universum Folge vorheriger Ursachen sind. Am Anfang dieser extrem komplexen Kausalkette könnte der unbewegte Beweger stehen, der Grund aller Ursachen. Gott kann so als das Sein bestimmt werden, daß alles Bestehende zusammenhält.
3. Gott ist der Umfassende, der alles umfaßt. Es ist durchaus vernünftig, vom Kosmos, der sich selbst nicht umfaßt, sonst wäre er ja selbst Gott, auf etwas zu schließen, das den Kosmos umfaßt. So ist denn das, was das Endliche umgreift, das Umgreifende. Die menschliche Vernunft nennt dann das, was Materie, Raum und Zeit umgreift „Gott“. Gott ist somit der Unbedingte, der alles Bedingte ermöglicht.
4. Gott läßt sich mit der Vernunft schließlich als derjenige erkennen, über den hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Gott ist dann die Wirklichkeit, über die man nicht hinausdenken kann. Gott als der Umgreifende läßt sich nicht mit dem endlichen Verstand ergreifen, weil diese immer nur das Endliche zu begreifen vermag. Gott lässt sich nur mit der Gabe der Vernunft erahnen, die das Umgreifende schauen, wenn auch nicht begreifen kann. Sonst wäre sie Gott selbst.
5. Wer sich dieser Weisheit öffnet, macht die Erfahrung, dass sinnliche Erfahrungen in ihrer Tiefe einen unendlichen Wert erhalten können, und damit einen Blick in die göttliche Wirklichkeit ermöglichen. So scheint das Göttliche im Weltlichen auf, nicht zuletzt auch im Schönen und Erhabenen. Viele Menschen machen diese Erfahrung in der Liebe, in der Freundschaft, in kreativen Aktivitäten (musizieren, malen, dichten) oder in tiefen Naturerlebnissen. Schönheit ergreift, macht staunen und lässt das wahre, das bleibende Wesen der Dinge erahnen.

Es gibt natürlich viele Wissenschaftler wie z.B. der prominente Biologe Richard Dawkins oder der von mir hochgeschätzte Niklas Luhmann, die darauf verzichten, von der Vielfalt auf die Einheit zurückzuschließen. Ihnen reicht es, mit dem Verstand die Welt als ein spannendes Spiel von Atomen, Genen und Systemen (um nur mal drei Mitspieler zu nennen) zu begreifen. Die Frage, wer dieses Spiel eingerichtet hat, ersetzen sie durch den schillernden Hinweis: „Ich sehe nur Zufall und Notwendigkeit" (J. Monod). Andere Wissenschaftler sehen allerdings die Grenzen empirischer Forschung und stimmen mit der oben vorgetragenen These überein: Wer erst einmal auf die Erkenntnis der Vernunft zurückgreift, dem erschließt sich die Plausibilität der Argumente für Gott, und sie können einen tief ergreifen. Sie vermitteln die Erkenntnis, dass es zumindest nicht unvernünftig ist, an Gott zu glauben, ja dass die Vernunft als Weisheit sich selber als Spiegel der göttlichen Vernunft begreifen kann. Die Bibel spricht von der „Ebenbildlichkeit Gottes“, die der Mensch von Gott verliehen bekam: Zu dieser gehört auch das Erlebnis, mit Hilfe der Vernunft Gottes Dasein und die Anwesenheit Gottes in der Welt erahnen zu können.

2 Kommentare:

  1. Hallo Christian,
    ein Dawkins würde das nicht so stehen lassen wollen. Vermutlich würde er antworten, dass der allmächtige Gott (wenn es ihn gäbe) nicht allmächtig genug sein könnte um einen Stein zu erschaffen, der zu schwer ist, um ihn selbst hochheben zu können ;-) (das hat er sich aber nicht selbst ausgedacht)
    Ich hab noch mal gerade so nachgedacht, was mich an Gott glauben lässt, und das sind mindestens 4 Dinge:
    1. Wenn ich mir Biografien von Menschen mit "echtem" Bekehrungserlebnis angucke und sehe, wie Gott ihr Leben zum Guten verändert hat
    2. Erlebnisse die Menschen meines Vertrauens mit Gott machen durften
    3. (wohl am wichtigsten:) Persönliche Erfahrungen mit Gott. Tolle Gebetserhöhrungen wo ich weiß: das kann kein Zufall sein.
    4. Der Ausspruch Jesu in Johannes 7,17 (sinngemäß: wer wissen will, ob ich von Gott komme, soll TUN was ich sage)

    Viele Grüße,
    Matthias

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  2. Lieber Matthias,

    "Gottesbeweise" oder Argumente für Gottes Realität werden in der Regel nicht den Glauben an Gott, d.h. eine Beziehung zu Gott auslösen, sondern unter anderen diejenigen Dinge/Erfahrungen, die Du genannt hast; es geht ja - wie deine 4 Punkte zeigen - um ein lebensveränderndes Beziehungsgeschehen im christlichen Glauben.
    Bei mir ist es vor allem das Ergriffensein von bestimmten Texten der Bibel, in denen das Evangelium so leuchtet, das ich Teil dieser Geschichte Gottes für uns, Teil von Jesus Christus sein möchte.
    Mir ist nur aufgefallen, dass z.B. in den neuen Bundesländern viele Menschen die "Argumente" des historischen Materialismus so verinnerlicht haben (Gottesglauben als Projektion, als Opium des Volks), das sie für Erfahrungen mit Gott völlig verschlossen sind, weil sie die Realität Gottes für unsinnig halten. Darum mein Insistieren auf "Argumente" für Gott, die eine Möglichkeitsraum schaffen können. So jedenfalls meine Überlegung.

    Liebe Grüße
    Christian

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