Sonntag, 20. September 2009

Das Ich-Kabinett

Das eigene Leben managen, die Selbstsorge, die Lebenskunst, ist heute eine komplexe Angelegenheit. Unterschiedlichste Aufgaben sind zu bewältigen. Ich möchte das mal mit dem Bundeskabinett vergleichen, also der Ministerrunde des Kanzlers/ der Kanzlerin.
Die Richtlinienkompetenz hat das Kanzleramt, das "Ich". Es gibt die grundlegende, weltanschauliche (religiöse und sittliche) Lebensrichtung vor oder auch nicht, je nachdem es sich von den Ministern "treiben" oder bestimmen läßt.
Außenministerium: zuständig für Kontakte zu Freunden und Bekannten - Begegnungen, e-mail Kontakte, telefonieren, Briefe...
Familienministerium: Zuständig für Familie (Partner, Kinder, Eltern, Geschwister), Familienplanung,
Innenministerium: Zuständig für die "innere Sicherheit" , dafür also, dass ich mich möglichst angstfrei, ausgeglichen und sicher fühle - hier geht es um das Gefühlsmanagement und die Abstimmung zwischen Wünschen und Anforderungen.
Arbeitsministerium: Zuständig für die Sorge um den Arbeitsplatz, Arbeitsmöglichkeiten, Karriere.
Finanzministerium: Zuständig für die Einnahmen und Ausgaben, Kontoführung, Geld anlegen, Sparen und vorsorgen. Kontakt zu Geschäften, Banken und Versicherungen. Aktenablage - Rechnungen, Verträge...
Verteidigungsministerium: Zuständig für meine Fähigkeit, mich verteidigen und durchsetzen zu können. Selbstverteidigungs-techniken, "Schlagfertigkeit", Imponiergesten beherrschen (oder bewußt unterlassen)
Gesundheitsministerium: gesunden Lebensstil pflegen, Vorsorgeuntersuchungen, Arztbesuche, Krankenkasse; für Urlaub, Erholung und Entspannung sorgen.
Wirtschaftministerium: Einkaufen, Investitionen, sinnvolle Anschaffungen überlegen
Bildungsministerium: Ausbildung, Studium, Fortbildung, "lebenslanges Lernen", Zeitung lesen, informiert sein, Forschung (Abenteuer erleben, Auslandsaufenthalt, neue Kulturen oder Länder kennenlernen)
Justizministerium: Gewissensbildung, Über-Ich-Pflege (oder Auseinandersetzung damit), Aufstellung von persönlichen Lebensmaximen, die bestenfalls Grundlage einer allgemeinen Gesetzgebung sein könnten (kategorischer Imperativ), eigene Prinzipien für einen sittlichen Lebensstil finden und auf den Prüfstand stellen.
Umweltministerium: Für eine gesunde Umgebung sorgen: Wohnung oder Haus schön herrichten und sauberhalten, Garten pflegen, ein ökologisch verträgliches Auto fahren, nachhaltigen (ökologischen) Lebensstil üben
Sozialministerium: sich um Menschen kümmern, denen es schlecht geht: Kranke besuchen, Arme unterstützen, Entmutigte aufrichten, soziale Einrichtungen unterstützen (finanziell oder ehrenamtlich)
Kulturministerium: sich für Kunst und Kultur interessieren, Ausstellungen, Vorträge, Lesungen, Theater, Kino besuchen, Gottesdienst besuchen und Kirchengemeinde bei der Organisation unterstützen (Ehrenamt)
Diese Liste ist noch nicht mal vollständig - so viel ist zu berücksichtigen, nicht zu vernachlässigen; es ist schon ganz schön anstrengend und aufwendig als individualisierter Mensch eigenständig in der modernen Gesellschaft zu leben und zu überleben. Kein Wunder, warum es Streß gibt, Burn-Out, Depression als Ausdruck von Überfordertsein von so vielen Anforderungen, Sehnsucht nach dem einfachen Leben, nach der Reduktion von Komplexität.

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