Samstag, 5. September 2009

Wie schön leuchtet der Morgenstern

Mir geht es in der Regel so, dass mich die älteren Choräle in kirchlichen Liederbüchern emotional nur selten ansprechen. Heute war das anders. Der Liedtext des Liedes "Wie schön leuchtet der Morgenstern" von Philipp Nicolai, den ich zu meiner Predigt zum Thema "Gold" ausgewählt hatte, hat mich beim Singen richtig berührt und bewegt. Und so geht es mir jetzt wieder, wenn ich den nicht modernisierten Originaltext lese (bei wikipedia zu finden). Nicolai, 1556 geboren, studierte Theologie in Erfurt und Wittenberg, also an damals bedeutenden evangelischen Studienorten, und wirkte dann als Pfarrer in Hagen, Wildungen und schließlich an der Katharinenkirche in Hamburg. Er war überzeugter Lutheraner.
Das Lied, 1599 komponiert, basiert auf Psalm 45 (ein Hochzeitslied des Königs: die Braut mit ihren wunderschönen Kleidern wird gepriesen); das Bild des Morgensterns stammt aus Offenbarung 22,16. Im Lied wird der an Christus oder die an Christus Glaubende zur Braut Christi, das wahren Königs. Die Sprache ist freundschaftlich-vertraut, sie entspricht der leichten Stimmung bei einer Hochzeit. Ich finde die Heilsgewißheit und Heilsfreude in diesem Lied in ganz außergewöhnlicher Weise zur Sprache gebracht. Was für ein genialer, gewagter, freimütig-fröhlicher Songtext, gleichzeitig voller Staunen, ganz aus der Parrhesia (Freiheit) der Gewißheit, in ihm das ewige Leben zu haben (1. Johannes 5,13), geschrieben. Reine Mystik des Evangeliums.

1. Wie schön leuchtet der Morgenstern
Voll Gnad und Wahrheit von dem Herrn,
Die süße Wurzel Jesse!
Du Sohn Davids aus Jakobs Stamm,
Mein König und mein Bräutigam,
Hast mir mein Herz besessen,
Lieblich, freundlich,
Schön und herrlich, groß und ehrlich,
Reich von Gaben,
Hoch und sehr prächtig erhaben!

2. Ei meine Perl’, du werte Kron,
Wahr’ Gottes und Mariens Sohn,
Ein hochgeborner König!
Mein Herz heißt dich ein Himmelsblum;
Dein süßes Evangelium
Ist lauter Milch und Honig.
Ei mein Blümlein,
Hosianna! Himmlisch Manna,
Das wir essen,
Deiner kann ich nicht vergessen!

3. Geuß (Gieß) sehr tief in das Herz hinein,
Du leuchtend Kleinod, edler Stein,
Mit deiner Liebe Flamme,
Daß ich, o Herr, ein Gliedmaß bleib
An deinem auserwählten Leib,
Ein Zweig an deinem Stamme.
Nach dir wallt mir,
Mei Gemüte,
Ewig Güte, bis es findet
Dich, des Liebe mich entzündet.

4. Von Gott kommt mir ein Freudenschein,
Wenn du mich mit den Augen dein
Gar freundlich tust anblicken.
O Herr Jesu, mein trautes Gut,
Dein Wort, dein Geist, dein Leib und Blut
Mich innerlich erquicken.
Nimm mich freundlich
In dein Arme, Herr erbarme
Dich in Gnaden;
Auf dein Wort komm ich geladen.

5. Herr Gott Vater, mein starker Held,
Du hast mich ewig vor der Welt
In deinem Sohn geliebet.
Dein Sohn hat mich ihm selbst vertraut,
Er ist mein Schatz, ich seine Braut,
Drum mich auch nichts betrübet.
Eia, eia,
Himmlisch Leben wird er geben
Mir dort oben!
Ewig soll mein Herz ihn loben.

6. Zwingt die Saiten in Cythara
Und laßt die süße Musika
Ganz freudenreich erschallen,
Daß ich möge mit Jesulein,
Dem wunderschönen Bräut'gam mein,
In steter Liebe wallen!
Singet, springet,
Jubilieret, triumphieret,
Dankt dem Herren!
Groß ist der König der Ehren!

7. Wie bin ich doch so herzlich froh,
Daß mein Schatz ist das A und O.
Der Anfang und das Ende!
Er wird mich doch zu seinem Preis
Aufnehmen in das Paradeis;
Des klopf' ich in die Hände.
Amen! Amen!
Komm, du schöne Freudenkrone,
Bleib nicht lange,
Deiner wart' ich mit Verlangen!

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