Donnerstag, 23. Juli 2009

Die Nachfolge und der Einzelne

In regelmäßigen Abständen werde ich an Bonhoeffer erinnert (zuletzt von Corinna Dahlgrün) und lese dann wieder Abschnitte in seinen Büchern. Im Alter von etwa 30 Jahren erarbeitete er das Buch "Nachfolge", das auf Vorlesungen im Seminar Finkenwalde der Bekennenden Kirche zurückgreift und im Sommer 1937 fertiggestellt wurde. Es ist ein strenges Buch, weil die Bergpredigt, der Bonhoeffer im Zentralteil des Buches nachdenkt, selbst diese Strenge besitzt. Und weil der Ruf Jesu in die Nachfolge, die Forderung, alles stehen und liegen zu lassen, um seine Schülerin, sein Schüler werden zu können, eine radikale Strenge besitzt. Wer im Glauben erwachsen werden möchte, für den ist es genau die richtige Provokation. Ich zitiere einige Stellen aus dem Kapitel "Die Nachfolge und der Einzelne", eine Auslegung von Lk 14,26.

"Christus macht den Gerufenen zum Einzelnen. Jeder ist allein gerufen. Er muß allein folgen. In der Furcht vor diesem Alleinsein sucht der Mensch Schutz bei den Menschen und Dingen um ihn herum...Christus will den Menschen einsam machen, er soll nichts sehen als den, der ihn berief...Christus hat den Menschen aus seiner Unmittelbarkeit zur Welt gelöst und in die Unmittelbarkeit zu sich selbst gestellt...Es gibt seit Christus kein unmittelbares Verhältnis des Menschen mehr, weder zu Gott noch zur Welt; Christus will der Mittler sein...Der von Jesus Gerufene lernt also, daß er in seiner Beziehung zur Welt in einer Täuschung gelebt hat. Diese Täuschung heißt Unmittelbarkeit. Sie hat ihn am Glauben und am Gehorsam gehindert. Nun weiß er, daß er selbst in den engsten Bindungen seines Lebens...keine Unmittelbarkeit haben kann...Zwischen Sohn und Vater, zwischen Mann und Weib, zwischen dem Einzelnen und dem Volk steht Christus, der Mittler, ob sie ihn erkennen können oder nicht. Es gibt für uns keinen Weg zum Anderen mehr, als den Weg über Christus, über sein Wort, und unsere Nachfolge. Unmittelbarkeit ist Trug...All unsere Versuche, die Kluft, die uns von anderen Menschen trennt, die unüberwindliche Distanz, Andersheit, Fremdheit des anderen Menschen durch Mittel natürlicher oder seelischer Verbindung zu überwinden, müssen scheitern. Es führt kein eigene Weg von Mensch zu Mensch. Die liebevollste Einfühlung, die durchdachteste Psychologie, die natürlichste Offenheit dringt nicht zum anderen Menschen vor, es gibt keine seelischen Unmittelbarkeiten [Anmerkung von mir: Hier würde Niklas Luhmann zustimmen: Wir können mittels sozialer Kommunikation nie die psychische Gedanken- und Erlebniswelt des anderen direkt erreichen, so sehr wir uns das auch wünschen]. Christus steht dazwischen. Nur durch ihn hindurch geht der Weg zum Nächsten. Darum ist die Fürbitte der verheißungsvollste Weg zum Anderen, und das gemeinsame Gebet im Namen Christi die echteste Gemeinschaft."
Wie kann es mir im Alltag gelingen, immer Christus als Mittler zwischen mir und den, dem, der Anderen einzubeziehen? Welche Folgen hat das? Wie verändert sich dann meine/unsere Kommunikation? Wird sie bewußter, präsenter, wahrhaftiger, lebendiger?

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