Sonntag, 16. August 2009

Jakobusbrief (5): Ausdrucksformen von Spiritualität

In den letzten Wochen habe ich Texte zur Spiritualität des 1. Johannesbriefes und des Jakobusbriefes gepostet. Es sind kleine Bausteine für einen längeren Text: "Urchristliche Spiritualität. Erfahrungen der Nähe Gottes im Kontext ihrer Zeit."
"Ausdrucksformen von Spiritualität" sind Haltungen und Praktiken, die man tatsächlich beobachten kann, selbst wenn man in die Person(en) nicht "hineinschauen" kann; aber am Äußeren, am "Ausdruck" der Person(en) ist zumindest erkennbar, dass Spiritualität praktiziert wird.

Im Vordergrund des Jakobusbriefes steht eine Spiritualität der Barmherzigkeit, die sich an einem bestimmten Habitus (3,17-18) und den daraus resultierenden praktischen Taten erkennen lässt.
„Redet so und handelt wie Menschen, die nach dem Gesetz der Freiheit gerichtet werden“ (2,12).
Zu beobachten ist dann ein Mensch, der in seiner Kommunikation „sanftmütige Weisheit“ (3,13 oder: weise Sanftmut) ausstrahlt; er oder sie kommt ohne Zorn, ohne Fluchen, ohne Verleumdung, ohne Klagen über die anderen aus. Geduld zeichnet sie oder ihn aus (5,7-11), dazu Freude am Frieden und eine gütige Freundlichkeit.
Damit untrennbar verbunden ist eine aktive Barmherzigkeit im Handeln: „Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Not besuchen.“ (1,27); zum Besuch gehört die wirtschaftliche Unterstützung für den notwendigen Bedarf – Versorgung mit Kleidung und täglichem Brot (2,15-17).
Der Brief selbst versteht sich auch als Ruf zur Umkehr (5,19-20). Wenn jemand durch die ernste Ermahnung des Briefes zum Einsicht kommt, und das ist die Erwartung des Jakobus, dann soll er Buße tun: „Klagt und trauert und weint! Euer Lachen verwandle sich in Trauer, eure Freude in Betrübnis. Macht euch klein vor dem Herrn, dann wird er euch erhöhen.“ (4,9-10; vgl. auch 5,1).
Zur Buße tritt das Gebet um die Weisheit Gottes, die das Reden und Handeln im oben genannten Sinn positiv verwandelt.
Der Brief möchte in die Sichtweise dieser Weisheit einüben. Der Autor verwendet dazu einen Stil, der in lebendiger und sehr anschaulicher Weise mal das eine und dann wieder das andere Thema anspricht und in recht kurzen Sequenzen argumentativ darlegt. Es liegt aber kein durchkomponierter Gedankengang vor, sondern eine lockere Zuordnung der Themen, die ihm am Herzen liegen. Verbindungen und Strukturen lassen sich durchaus erkennen, dennoch fällt der fast sprunghafte Wechsel vom einen zum anderen Thema auf, aber genauso die Wiederaufnahme und Vertiefung von Themen, die dem Autor besonders wichtig sind, vor allem das Verhalten der Reichen. Mit diesem Stil erreicht Jakobus ein sehr eindringliches Einwirken auf die Hörer und Leser seines Textes, das Umkehr von der Anpassung an die „Welt“ (Verweltlichung, Anpassung an die Normen der Mehrheitsgesellschaft) und Hinwendung zur „Weisheit von oben“ erreichen möchte.
Am Ende des Briefes (5,13-16) werden einige Übungen und Riten hervorgehoben, die dem Autor wichtig erscheinen, oder er möchte sie einführen, weil sie wenig bekannt sind:
Bei guter Laune soll man Lobpsalmen singen; wenn man bedrückt ist, Klage- oder Bittpsalmen beten.
Wer krank ist, soll das Gebet und die Salbung mit Öl durch die Ältesten der Gemeinde suchen.
Im Zusammenhang mit Krankheit, aber auch darüber hinaus empfiehlt Jakobus das gemeinsame, also öffentliche Sündenbekenntnis und die Fürbitte untereinander.
Die zu Beginn und am Ende des Briefes angemahnte Geduld bezieht sich auf die Prüfungen/Versuchungen, die aus dem eigenen Inneren hervortreten, wie auch auf die unsicheren Verläufe des Lebens: "Ihr soll sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und die oder das tun.“

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