Donnerstag, 7. März 2013

Christliche Freiheit Teil 5 - Hebräerbrief


Menschen können sich ändern. Menschen können sich durch die Erfahrung der Liebe verändern. Der Geist Gottes führt in die Freiheit, neu anfangen zu können, eine belastende Vergangenheit zu verlassen und sich dem Guten zuzuwenden, das in der Frucht des Geistes sichtbar wird (Gal 5,22-23). Die sittliche Lebensführung weiß sich vom „vollkommenen Gesetz der Freiheit“ (Jak 2,12) motiviert, dem Liebesgebot (Jak 2,8), das allen Menschen ungeachtet ihres sozialen Status Anerkennung und Würde verleiht (Jak 2,1-12).

Mögen wir unser Leben im Geist Gottes noch so befreit führen, die Befristung der Lebenszeit und die damit verbundene Furcht vor dem Tod ist eine der grundlegendsten Existenzbedingungen. Der Hebräerbrief nimmt dieses einengende Gefühl der Angst vor dem Tod auf und öffnet die befreiende Perspektive auf das ewige Leben in Verbindung mit Christus: „Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er's gleichermaßen angenommen, damit er durch seinen Tod die Macht nähme dem, der Gewalt über den Tod hatte, nämlich dem Teufel,[1] und die erlöste, die durch Furcht vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein mussten.“ (2,14-15). Der menschgewordene Gottessohn hat den Tod besiegt und damit auch die Furcht vor dem Tod. Die christliche Freiheit verspricht nicht die Fülle des Lebens in der Gegenwart. Sie verspricht nicht Leidfreiheit, ewige Gesundheit, Stärke, Unverwundbarkeit. In Hoffnung sind Gläubige vielmehr mit einem verbunden, der die Endlichkeit des geschöpflichen Lebens überwunden hat. Die Verheißung ewigen Lebens, die mit seiner Auferstehung und Inthronisation in den Himmel verbürgt ist, befreit den Glaubenden grundlegend von der Angst, die mit der bisherigen Befristung der Lebenszeit verbunden war. Denn die Lebenszeit entgrenzt sich zur Teilhabe am ewigen Leben Gottes. Schon auf Kinder wirkt dieser Zuspruch befreiend. Meine Schwester Stefanie hat im Alter von fünf Jahren gemeint: „Mutti, wenn man gläubig ist, ist man wirklich frei.“ Erstaunte Nachfrage ob dieser tiefgründigen Einsicht: „Wie meinst du das?“ Antwort des gläubigen Kindes: „Weil man keine Angst mehr zu haben braucht.“ Befreiung von einer untergründigen, das Leben tief belastenden Todesangst ist eine nicht zu unterschätzende zentrale Erfahrung, die christliche Seelsorge situationssensibel ermöglichen und unterstützen sollte.

Der Autor des Hebräerbriefes lädt in seinen predigtähnlichen Ausführungen die Leser dazu ein, Jesus als „Anführer“ des Glaubens zu folgen und zwar so, dass man ihm in der Gegenwart geistlich in den Himmel folgt und mit ihm freimütig in das Allerheiligste der himmlischen Welt hineintritt, in den Thronsaal Gottes, und so schon jetzt am unvergänglichen Leben Gottes partizipiert. Die geheimsten Türen sind nicht verschlossen, sondern offen (4,14-16; 6,18-20; 8,1). Die Gläubigen sind eingeladen, frei und zuversichtlich vor Gott zu treten: „Weil wir denn nun, liebe Brüder, durch das Blut Jesu die Freiheit [parrhesia][2] haben zum Eingang in das Heiligtum, den er uns aufgetan hat als neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang, das ist: durch das Opfer seines Leibes, und haben einen Hohenpriester über das Haus Gottes, so lasst uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen in vollkommenem Glauben, besprengt in unsern Herzen und los von dem bösen Gewissen und gewaschen am Leib mit reinem Wasser.“ (Hebr 10,19-22).[3]



[1] Die Freiheit des Bösen zeigt sich darin, dass er zu sich selbst spricht: „Ich tue, was ich will“ und der seine willfährigen Knechte böse Pläne verwirklichen lässt. Der Böse handelt aus dem Geist absoluter Willkür heraus und versklavt unter seine Pläne unmündige und verführte Menschen: Verführung bedeutet immer, sich in Unterwerfung zu begeben. Der Böse hat letztlich Lust an Zerstörung und Tod. Seine Macht ist die Korruption und Destruktion.
[2] Das griechische Wort bezeichnet ein Verhalten, dass frei von Angst und Unterwürfigkeit ist. Freunde zum Besipiel begegnen sich in parrhesia, d.h erhobenen Hauptes, offen, frei, freudig und in tiefer gegenseitiger Anerkennung.
[3] Vgl. dazu auch Epheser 3,13: Die Gläubigen haben durch Christus den „freien Zugang“ (oder: „Freimut und Zugang“).

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