Montag, 7. September 2009

Geistliche Übungen (9): Glauben - die eigene Mitte in Christus finden

Die Besinnung auf das Zentrum des christlichen Glaubens hilft mir immer wieder, meine Mitte zu finden, "Christus in mir", was zugleich bedeutet, dass ich "in Christus" bin, also meine Identität also auf etwas außerhalb von mir gründe (Theologen haben für diese besondere Identität die schön klingende Formulierung "ekzentrische Existenz" gefunden)

Das „Herz“ des Menschen kann als Existenz-Zentrum verstanden werden, in dem unser Wissen, Wollen und Gefühl zusammentreffen und gemeinsam eine Grundeinstellung zur Wirklichkeit bilden.
Dieses Innerste kann nun auch als „Leerstelle“ begriffen werden, die mit unterschiedlichen existentiellen „Symbolen“ gefüllt werden muss. Ein Liebespartner kann es z. B. sein: „Du allein bist in meinem Herzen, ich allein bin in deinem Herzen.“ Oder ganz im Gegenteil spiegelt sich das eigene Ich im Herzen; Psychoanalytiker sprechen dann von einer narzisstischen Ich-Zentrierung. Zur Erfahrung heutiger Menschen, Christen eingeschlossen, gehört oft die Frustration, gar keine innere Mitte finden zu können, sondern von einer existentiellen „Leere“ bedroht zu sein. Jochen Distelmeyer z.B. dichtet: „… Du schließt Deine Augen/um Dich zu beschützen/ Dir schwinden die Sinne/ ein Zerfall, kein Verschwinden/ Du stürzt und versteinerst/ und sinkst ohne Frage/ durch schlaflose Nächte/ in grundlose Tage/ … Du bist nur die Abschrift/ dessen was man dir vorschreibt/ ein Nichts ohne outfit/ sobald du es abstreifst/ zum Schweigen gebracht …“ (aus dem Gedicht „Eines Tages“, zu finden auf der CD „Old Nobody“ der Musikgruppe "Blumfeld", 1999). Der Logotherapeut Victor Frankl spricht in seinen Veröffentlichungen von „existentieller Frustration“, „abgründigem Sinnlosigkeitsgefühl“, „Leeregefühl“, „existentiellem Vakuum“, „dem Gefühl einer inneren Leere“.

Wenn ich dem Evangelium begegne, wenn ich es höre oder lese (in der Bibel oder bei Autoren, die es erläutern), dann weckt es einen Glauben in mir, der mich ganz auf Gott, auf Gott in Christus, ausrichtet. Mein Herz füllt sich im Glauben mit Gott selbst (mit seinem Geist), aber so, dass ich über mich selbst hinausblicke auf Gott, mich durch den Glauben "in Christus" weiß. In dieser Hinwendung zu Gott werde ich in einer ganz besonderen Weise "frei". Es geschieht eine heilsame Selbstdistanzierung. An die Stelle eigenmächtigen Hochmutes oder entmutigter Verzweiflung tritt der Glaube, tritt Jesus Christus selbst. Er wird meine innere Mitte, füllt mein Herz, schenkt mir eine "ekzentrische Existenz" (ich liebe diese Formulierung!).

1 Kommentar:

  1. Das ist ein sehr schöner Text. Es dauert heutzutage, bis man die innere Leere aushalten lernt - und dann mit Christus füllen kann...

    Viele Grüße - Ricarda

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