Wie erfährt man - nach Vorstellung von Matthäus - schon heute Gottes Nähe?
1. Hier kommt zunächst einmal der Glaube an Jesus als Christus ins Spiel (Theologen sprechen von der „Christologie“). Jesus selbst ist „Gott mit uns“ (Immanuel, Mt 1,22). Gott ist also in Gestalt von Jesus in seinem Volk präsent, sichtbar und berührbar. Schon die Weisen aus dem Morgenland verehren den neugeborenen König der Juden, den Messias. Nach Kreuzigung und Auferstehung verheißt Jesus seinen Jüngern und allen, die sich von ihnen das Evangelium sagen lassen, sich taufen lassen und alles halten, was Jesus gesagt hat: „Ich bin bei euch (oder: „mit euch“) alle Tage bis zum (zeitlichen) Ende der Welt.“ (28,20). Diese begleitende Nähe gilt auch für das gemeinsame Gebet und den Gottesdienst: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich in ihrer Mitte (griech.: en meso autou).“ (18,20)
2. Der im Himmel inthronisierte Christus, der sagt: „Mir wurde (vom Vater) alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben“, er spricht zu den Menschen durch seine Lehre. Er ist gegenwärtig durch seine Lehre, an vorderster Stelle durch die Bergpredigt. Er ist der einzige Lehrer der Gemeinde: „Ihr sollt euch nicht Lehrer nennen lassen, denn einer ist euer Lehrer: Christus.“
3. Weil aber diese Lehrer, Jesus, der Christus, zu seinem Vater „mein Vater“ spricht, darum sind alle, die seinen Worten folgen ermächtigt, Gottes Vaternähe zu erleben, indem sie „mein Vater“ oder „unser Vater“ zu ihm sagen. Die Nähe Gottes wird Realität, sobald so zu Gott gesprochen wird. Darum heißt es aber auch: "Ihr sollt niemanden unter euch Vater nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel!"
4. Dieser durch Jesus und seine Worte nahe Vater, der doch im fernen Himmel „wohnt“, ist gleichwohl auch auf Erden anwesend: die Erde ist der „Schemel seiner Füße“ (Mt, 5,35) Jerusalem ist seine Stadt (5,35) und der Tempel „sein Haus“ (21,14). Ja, selbst im im Verborgenen ist er präsent und er sieht in das Verborgene. Gott ist zwar nicht einfach abstrakt oder grundsätzlich allgegenwärtig, aber sein Möglichkeitspielraum ist uneingeschränkt. Es gibt "Orte“ auf der Erde, die er bevorzugt: den Tempel in Jerusalem, aber auch einsame Orte, das Herz des Menschen in aller Abgeschiedenheit (Mt. 6,4; 6,6; 6.18). Gott ist vor allem auch dort, wo Männer auf ihre Männlichkeitsrituale verzichten müssen: im eigenen Stüblein, in der auf sich selbst zurückgeworfenen Seele.
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