Wir sind sinnliche Wesen. Das bewusste Erleben unserer sinnlichen Wahrnehmungen ist wichtig und schön. Es kann zu einer spirituellen Tätigkeit werden, ganz bei den Wahrnehmungen der Sinnesorgane zu sein, besonders in der Natur, die uns über uns selbst hinaushebt. Sie kann uns die Gegenwart des Göttlichen erschließen.
Viele Menschen suchen Orte auf, die eine „heilige“ Wirkung auf sie haben. Fast niemand kann sich der Andacht eines hohen Kirchenraumes entziehen; hier kann man zur Ruhe finden und in Kontakt mit tieferen Dimensionen des Lebens kommen. Mehr noch als menschliche Bauten können Wälder, Seen, Berge und Meere ergreifen.
Inspirierend können auch Quellen sein, ein Hain, ein alter Baum, ein hoher Wald, ein Berggipfel. Das sind dann Naturorte, die uns die Transzendenz erahnen lassen. Ich vergesse mich selbst, wenn ich mich in der „Einsfühlung“ mit der Natur voll auf das Erleben großer Natur einlasse. Ich gewinne Abstand zum Alltag, Distanz zu den täglichen Aufgaben und Verpflichtungen, die einem zu nah gerückt sind.
Das Glück eines Frühsommertages in der Natur beschreibt Goethe im „Mailied“ in wunderbarer Weise: „Wie herrlich leuchtet/ Mir die Natur!/ Wie glänzt die Sonne!/ Wie lacht die Flur!/ Es dringen Blüten/ Aus jedem Zweig/ Und tausend Stimmen/ aus dem Gesträuch/ Und Freud und Wonne/ Aus jeder Brust./ O Erd’, o Sonne,/ O Glück, o Lust/ O Lieb’, o Liebe...“
Inniges Naturerleben führt zur Erfahrung, dass ich nicht allein bin, sondern etwas ganz Tiefes mich mit allem zusammenhält. Ich bin ein Teil des Ganzen. Ich bin geborgen im Universum als Schöpfung Gottes. Das Universum ist nicht Gott selbst, aber er hat die Schöpfung so überdimensional erhaben geschaffen. Aus „Sternenstaub“ bestehe ich, die Ordnung des Kosmos mit seinen subatomaren Teilchen ist auch die Grundlage meines Lebens. Ich bestehe auch aus Atomen, Elementarteilchen, die sich in einer unvorstellbar komplexen Ordnung über chemische, biologische, psychische und soziale Prozesse zu dem bilden, was ich bin.
Ich sehe mich als Bruder oder Schwester nicht nur der Menschen, sondern auch der Tiere, der Pflanzen, der Steine und der Sterne. Sternenstaub bin ich, aber dies ist dann, wenn ich mich als Geschöpf verstehe, keine Vorstellung, die mich desillusioniert zurücklässt, sondern mir ein Sinnvertrauen in die Welt gibt, zu der ich gehöre. Die Natur erschließt mir ein Bewusstsein, zu einer größeren, universellen Ordnung zu gehören.
Betrachtet man Landschaftsbilder von Caspar David Friedrich, spürt man sofort, wie die Landschaft den Betrachter in eine andächtige Stimmung versetzt. Die Natur wird zur Offenbarung dessen, was mehr ist als die Natur – Gott. Eines der Bilder Friedrichs trägt nicht zufällig den Titel "Der Mönch am Meer". Einsam, ja winzig, verglichen mit der unendlichen Weite des Himmels steht an der Spitze der Küste ein Mönch, versunken in der andächtigen Betrachtung des Alls. Ist das nicht ein Erlebnis, das wir kennen und das wir immer wieder suchen, nicht zuletzt auch auf Reisen in großartige Landschaften?
Sonntag, 30. August 2009
Samstag, 29. August 2009
Gute Gotteserfahrungen
Von Gott
(vom Vater, von Jesus, vom Geist)
adoptiert werden
angeredet werden
beauftragt werden
befreit werden
bewahrt werden
erhört werden
erinnert werden
ermahnt werden
erneuert werden
erwählt werden
freigesprochen werden
geführt werden
geheilt werden
gelehrt werden
geliebt werden
gesendet werden
geschützt werden
getragen werden
getröstet werden
versöhnt werden
verwandelt werden
vollendet werden
Was könnte noch ergänzt werden?
(vom Vater, von Jesus, vom Geist)
adoptiert werden
angeredet werden
beauftragt werden
befreit werden
bewahrt werden
erhört werden
erinnert werden
ermahnt werden
erneuert werden
erwählt werden
freigesprochen werden
geführt werden
geheilt werden
gelehrt werden
geliebt werden
gesendet werden
geschützt werden
getragen werden
getröstet werden
versöhnt werden
verwandelt werden
vollendet werden
Was könnte noch ergänzt werden?
Donnerstag, 27. August 2009
Lebenskunst
"In der Toskana erzählt man sich die Geschichte eines alten Conte, der sehr, sehr alt wurde, weil er ein Lebensgenießer war. Er verließ niemals das Haus, ohne sich vorher eine Hand voll Bohnen in die Tasche zu stecken. Er tat dies nicht etwa, um die Bohnen zu kauen.
Nein, er nahm sie mit, um so die schönen Momente des Tages bewusster wahrzunehmen und um sie besser zählen zu können. Wie hat er das gemacht?
Für jede positive Kleinigkeit, die er tagsüber erlebte, das Lachen der jungen Frau aus dem Nachbarhaus, ein schönes Essen, einen glänzenden Apfel, spielende Kinder auf der Piazza, die Zigarre beim Plausch mit einem Bekannten, einen schattigen Platz in der Mittagshitze, ein Glas guten Weines, und, und, und.
Für alles, was seine Sinne erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Manchmal waren es gleich zwei oder drei.
Abends saß er dann zu Hause und zählte die Bohnen, die er in die linke Tasche gesteckt hatte. Es war nicht nur ein Zählen. Nein, er zelebrierte diese Minuten. Dabei führte er sich alles Schöne vor Augen, das ihm an diesem Tag widerfahren war und er freute sich. Und sogar an einem Abend, an dem er bloß eine Bohne zählte, ging ein Lächeln über sein Gesicht, denn der Tag war gelungen.
Es hatte sich zu leben gelohnt."
(Quelle unbekannt)
Fundort: Harmjan Dam und Stefanie Daube (Hrsg.), Die Mitte suchen. Spiritualität in und um Schule, 2009, S. 17.
Nein, er nahm sie mit, um so die schönen Momente des Tages bewusster wahrzunehmen und um sie besser zählen zu können. Wie hat er das gemacht?
Für jede positive Kleinigkeit, die er tagsüber erlebte, das Lachen der jungen Frau aus dem Nachbarhaus, ein schönes Essen, einen glänzenden Apfel, spielende Kinder auf der Piazza, die Zigarre beim Plausch mit einem Bekannten, einen schattigen Platz in der Mittagshitze, ein Glas guten Weines, und, und, und.
Für alles, was seine Sinne erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Manchmal waren es gleich zwei oder drei.
Abends saß er dann zu Hause und zählte die Bohnen, die er in die linke Tasche gesteckt hatte. Es war nicht nur ein Zählen. Nein, er zelebrierte diese Minuten. Dabei führte er sich alles Schöne vor Augen, das ihm an diesem Tag widerfahren war und er freute sich. Und sogar an einem Abend, an dem er bloß eine Bohne zählte, ging ein Lächeln über sein Gesicht, denn der Tag war gelungen.
Es hatte sich zu leben gelohnt."
(Quelle unbekannt)
Fundort: Harmjan Dam und Stefanie Daube (Hrsg.), Die Mitte suchen. Spiritualität in und um Schule, 2009, S. 17.
Die Schönheit der Rhön
Eine Leserin des Blogs stammt aus der Rhön. Sie hat erkannt, dass das Foto, das ich dem Beitrag zu den Seligpreisungen hinzugefügt habe, von der Wasserkuppe (950m hoch) aus aufgenommen wurde. Aus diesem Anlaß poste ich einige weitere Fotos, die ich im Juni dieses Jahres in der Umgebung der Wasserkuppe aufgenommen habe.
Kirche im Ortskern von Wüstensachsen
See am unteren Ende des Roten Moors (Hochmoor, 850 m hoch gelegen, im Naturpark Hessische Rhön)
Disteln am Ufer des Sees
Steg durchs Rote Moor
Kirche im Ortskern von Wüstensachsen
See am unteren Ende des Roten Moors (Hochmoor, 850 m hoch gelegen, im Naturpark Hessische Rhön)
Disteln am Ufer des Sees
Steg durchs Rote Moor
Mittwoch, 26. August 2009
Lektüreempfehlung
Gerade habe ich das anregende Heft „Die Mitte suchen. Spiritualität in und um Schule“ durchgearbeitet. Was ist mir besonders aufgefallen?
Stefanie Daube stellt die mittlerweile recht bekannten „Perlen des Glaubens“ vor, eine Perlenkette, bei der die farbigen Holzperlen unterschiedliche Bedeutungen haben (z.B. Gottes-Perle, Perle der Stille, Perlen der Liebe, Perle der Nacht, Perle der Auferstehung). Mit diesen Perlen kann z.B. der Lebensweg Jesu bedacht werden. In einen weiteren Beitrag regt Daube an, Geschichten, durchaus auch vom Lehrer selbst erdachte Geschichten, zu erzählen, die eine spirituelle Dimension öffnen (die wunderbare Geschichte „Bohnen in der Tasche – oder die Freuden des Lebens“, die sie zitiert, werde ich bald gesondert posten). Daube führt auch in die Methode des Bibliologs ein, das ist der Dialog mit einem Bibeltext, bei dem sich die Teilnehmer vor allem in die Gedanken oder Gefühle der Personen hineinversetzen können, von denen im Bibeltext erzählt wird. Harmjan Dam und Jutta Becher stellen sinnvolle Kriterien eines „guten“ Schulgottesdienstes zusammen („In einem guten Schulgottesdienst gelingt es eine Brücke zu schlagen zwischen einerseits ALLTAG UND IMMANENZ und andererseits TRADITION UND TRANSZENDENZ“ S. 26). Sehr stark spricht mich die Idee an, einen „Raum der Stille“ in der Schule einzurichten (Beitrag von Jochen Walldorf), ein Ort für Schüler und Lehrer, der ein „Zur-Ruhe-Kommen“ ermöglicht, ein „Ort der Stille“, ein Ort der Bitte und Fürbitte; auch des Gedenkens (im Gymnasium des Klosters Münsterschwarzach habe ich einmal einen Raum der Stille gesehen, in dem kleine gerahmte Fotos von verstorbenen Schülern oder Lehrern aufgehängt waren). Harmjan Dam berichtet von einer gelungenen mehrtägigen Exkursion mit einem Oberstufengrundkurs in das Kloster Marienstatt (Westerwald).
Die Broschüre endet mit einem wichtigen Beitrag zur seelsorgerlichen und spirituellen Dimension, die mit der Rolle des Religionslehrers verbunden ist. Insgesamt regt diese Publikation dazu an, die eigene spirituelle und seelsorgerliche Praxis vor Ort zu reflektieren und auszubauen.
Harmjan Dam und Stefanie Daube (Hrsg.), Die Mitte suchen. Spiritualität in und um Schule, 104 S., zu beziehen über das Religionspädagogische Studienzentrum der EKHN
http://www.rpz-ekhn.de/cms/index.php?id=121
Stefanie Daube stellt die mittlerweile recht bekannten „Perlen des Glaubens“ vor, eine Perlenkette, bei der die farbigen Holzperlen unterschiedliche Bedeutungen haben (z.B. Gottes-Perle, Perle der Stille, Perlen der Liebe, Perle der Nacht, Perle der Auferstehung). Mit diesen Perlen kann z.B. der Lebensweg Jesu bedacht werden. In einen weiteren Beitrag regt Daube an, Geschichten, durchaus auch vom Lehrer selbst erdachte Geschichten, zu erzählen, die eine spirituelle Dimension öffnen (die wunderbare Geschichte „Bohnen in der Tasche – oder die Freuden des Lebens“, die sie zitiert, werde ich bald gesondert posten). Daube führt auch in die Methode des Bibliologs ein, das ist der Dialog mit einem Bibeltext, bei dem sich die Teilnehmer vor allem in die Gedanken oder Gefühle der Personen hineinversetzen können, von denen im Bibeltext erzählt wird. Harmjan Dam und Jutta Becher stellen sinnvolle Kriterien eines „guten“ Schulgottesdienstes zusammen („In einem guten Schulgottesdienst gelingt es eine Brücke zu schlagen zwischen einerseits ALLTAG UND IMMANENZ und andererseits TRADITION UND TRANSZENDENZ“ S. 26). Sehr stark spricht mich die Idee an, einen „Raum der Stille“ in der Schule einzurichten (Beitrag von Jochen Walldorf), ein Ort für Schüler und Lehrer, der ein „Zur-Ruhe-Kommen“ ermöglicht, ein „Ort der Stille“, ein Ort der Bitte und Fürbitte; auch des Gedenkens (im Gymnasium des Klosters Münsterschwarzach habe ich einmal einen Raum der Stille gesehen, in dem kleine gerahmte Fotos von verstorbenen Schülern oder Lehrern aufgehängt waren). Harmjan Dam berichtet von einer gelungenen mehrtägigen Exkursion mit einem Oberstufengrundkurs in das Kloster Marienstatt (Westerwald).
Die Broschüre endet mit einem wichtigen Beitrag zur seelsorgerlichen und spirituellen Dimension, die mit der Rolle des Religionslehrers verbunden ist. Insgesamt regt diese Publikation dazu an, die eigene spirituelle und seelsorgerliche Praxis vor Ort zu reflektieren und auszubauen.
Harmjan Dam und Stefanie Daube (Hrsg.), Die Mitte suchen. Spiritualität in und um Schule, 104 S., zu beziehen über das Religionspädagogische Studienzentrum der EKHN
http://www.rpz-ekhn.de/cms/index.php?id=121
Dienstag, 25. August 2009
Goldene Worte
Nun ist die Ferienzeit für mich als Lehrer vorbei; seit gestern bin ich ins Schulleben eingetaucht - und bin gerne wieder "drin", wenn auch noch mit ein wenig Spannung, ob ich wiederum genug Kreativität für guten Unterricht, der mich und meine SchülerInnen bereichert und bildet, aufbringen kann. Da können einige "goldene Worte" Begleiter sein:
"Man liebt das, wofür man sich müht, und man müht sich für das, was man liebt."
"Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben."
"Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut."
"Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutendste Mensch immer der, der dir gerade gegenübersteht."
"Die Glücklichen sind neugierig."
"Man liebt das, wofür man sich müht, und man müht sich für das, was man liebt."
"Die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben."
"Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut."
"Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart, der bedeutendste Mensch immer der, der dir gerade gegenübersteht."
"Die Glücklichen sind neugierig."
Montag, 24. August 2009
Morgenandacht: Nicht sorgen!
„Der Herr kommt bald. Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Tut es mit Dank für das, was er euch geschenkt hat. Dann wird der Frieden Gottes, der alles menschliche Begreifen weit übersteigt, euer Denken und Wollen im Guten bewahren, geborgen in der Gemeinschaft mit Jesus Christus. (Phil 4, 5-7 Die Gute Nachricht Bibel, 1997)
„Macht euch keine Sorgen“! Dieses Wort aus Jesu Bergpredigt greift Paulus auf. Schön wäre es ja, wenn das so einfach ginge. Die Zeiten, in denen man von Sorgen entlastet sind, gehören für uns sicherlich zu den glücklichen Zeiten im Leben. Für viele sind es vor allem die Kinderjahre gewesen, als andere für einen sorgten und weder die Vergangenheit noch die Zukunft uns belastete. Kinder können in der Gegenwart leben, ganz im Spiel aufgehen und dabei zutiefst glücklich sein. Jeder von uns hat Erinnerungen daran. Aber wenn die Kinderjahre vorüber sind, werden die Zeiten der Sorglosigkeit knapp. Die ersten Tage im Urlaub vielleicht, die Tage nach einer Lohnerhöhung, ein ruhiges Wochenende. Aber die nächsten Sorgen warten. Auch Jesus und Paulus lebten in einer stürmischen See voll Sorgen. Ihre Lebenslage war oft sehr gefährdet. Aber gerade sie fordern ganz selbstverständlich: „Macht euch keine Sorgen.“ Woher nehmen sie das Recht dazu, Erwachsene wie Kinder leben zu lassen? Es war ihre Erfahrung der Gegenwart Gottes. Der Herr ist nah! ruft Paulus. Gott ist nicht fern. Nein, Gläubige vertrauen sich ihm an wie Kinder ihrem Vater. Sie wissen sich geborgen in der Gemeinschaft mit Jesus Christus. Sie erfahren, wie in ihrem Bewusstsein der Friede Gottes aufsteigt, der alles menschliche Begreifen übersteigt. Wenn du also heute wieder voller Sorgen bist, schau sie dir von außen an, schau sie an von Gott und lass dabei den Frieden Gottes in dir Platz nehmen. Und dann stürze dich ins Leben und tue, was zu tun ist.
„Macht euch keine Sorgen“! Dieses Wort aus Jesu Bergpredigt greift Paulus auf. Schön wäre es ja, wenn das so einfach ginge. Die Zeiten, in denen man von Sorgen entlastet sind, gehören für uns sicherlich zu den glücklichen Zeiten im Leben. Für viele sind es vor allem die Kinderjahre gewesen, als andere für einen sorgten und weder die Vergangenheit noch die Zukunft uns belastete. Kinder können in der Gegenwart leben, ganz im Spiel aufgehen und dabei zutiefst glücklich sein. Jeder von uns hat Erinnerungen daran. Aber wenn die Kinderjahre vorüber sind, werden die Zeiten der Sorglosigkeit knapp. Die ersten Tage im Urlaub vielleicht, die Tage nach einer Lohnerhöhung, ein ruhiges Wochenende. Aber die nächsten Sorgen warten. Auch Jesus und Paulus lebten in einer stürmischen See voll Sorgen. Ihre Lebenslage war oft sehr gefährdet. Aber gerade sie fordern ganz selbstverständlich: „Macht euch keine Sorgen.“ Woher nehmen sie das Recht dazu, Erwachsene wie Kinder leben zu lassen? Es war ihre Erfahrung der Gegenwart Gottes. Der Herr ist nah! ruft Paulus. Gott ist nicht fern. Nein, Gläubige vertrauen sich ihm an wie Kinder ihrem Vater. Sie wissen sich geborgen in der Gemeinschaft mit Jesus Christus. Sie erfahren, wie in ihrem Bewusstsein der Friede Gottes aufsteigt, der alles menschliche Begreifen übersteigt. Wenn du also heute wieder voller Sorgen bist, schau sie dir von außen an, schau sie an von Gott und lass dabei den Frieden Gottes in dir Platz nehmen. Und dann stürze dich ins Leben und tue, was zu tun ist.
Sonntag, 23. August 2009
Technik und Gottesferne
Als ich am Donnerstag mit Michael am Kernkraftwerk Biblis vorbeikam (siehe Blog vom Donnerstag, 20.8. Bibliser Ansichten), strahlte dies auf mich eine besondere Faszination aus - menschlich geschaffene Groß- ja Spitzentechnologie. Staunen, aber ganz anders als dasjenige, das schöne Natur auslöst. Diese Technik verweist nicht auf Natur, sondern, obwohl sie elementare natürliche Prozesse technisch nutzt (atomare Kernschmelze), auf Fähigkeiten des Menschen. Sie macht den Menschen groß, so jedenfalls nehme ich das war. Zum Problem, das menschliche Technik, vor allem moderne Technik, nicht mehr auf Gott verweist, sondern auf den Menschen selbst als Macher, als homer faber, habe ich vor einiger Zeit auf Englisch einige Überlegungen geschrieben:
Distance to God in the experience of nature: the problem of technology
The experience of nature is ambivalent. Nature can be lovely but also terrifying. Nature is full of life and death, good and evil. Nature shows reliable rhythms but they can be destroyed by catastrophies. We can experience nature as a protecting house, but also as a chaosdriven danger.
Today the most influential challenge to the nearness of God in the experience of nature is the synthesis of science and technology. With high technology mankind creates an artifical world, especially in the modern cities. Most of the time we see nature only through windows of all kinds. In the modern city „God has gone/left“, we live in cities without God. Technology is fascinating, but has no real life. It’s not God’s spirit we experience in technology, it is man’s. Driving a car, using modern transportation, living in a computer-controlled building I’m sourrounded by men’s creations enjoying the convenience it brings. In the mirror of technology I see the power and creativity of the autonomous inventive spirit of man. Big fair’s (automobiles, computers) are organized like sacral/sacred rituals, sociologists speak of “implicit” religion. The blind spot of this homo faber is suffering and death, although technology has an immense power of healing and prolongation of life. We don´t like to hear the aching of nature, the suffering of creation or our own suffering – caused by nature or by technology. Technology seems to be without measure and limits, and has already developed a self-dynamic, almost impossible to control. More and more, we become slaves of the compelling fascination technology exerts on our modern society. The biblical symbol for this phenomenon is the tower of Babylon, the City of Babylon.
Life in modern societies is experienced as a neverending spiral-like process of selforganized social and technical systems, ruled by necessity (tradition) and chance (progress). We are projecting this autodynamic experience of progress and advance in technology on nature. Then the whole world becomes a neverending, reiterating process, governed by power and fate, destiny and chance, repetition without identity. Maybe there is some heuristic truth in this perception, but God has no part in this game.
Distance to God in the experience of nature: the problem of technology
The experience of nature is ambivalent. Nature can be lovely but also terrifying. Nature is full of life and death, good and evil. Nature shows reliable rhythms but they can be destroyed by catastrophies. We can experience nature as a protecting house, but also as a chaosdriven danger.
Today the most influential challenge to the nearness of God in the experience of nature is the synthesis of science and technology. With high technology mankind creates an artifical world, especially in the modern cities. Most of the time we see nature only through windows of all kinds. In the modern city „God has gone/left“, we live in cities without God. Technology is fascinating, but has no real life. It’s not God’s spirit we experience in technology, it is man’s. Driving a car, using modern transportation, living in a computer-controlled building I’m sourrounded by men’s creations enjoying the convenience it brings. In the mirror of technology I see the power and creativity of the autonomous inventive spirit of man. Big fair’s (automobiles, computers) are organized like sacral/sacred rituals, sociologists speak of “implicit” religion. The blind spot of this homo faber is suffering and death, although technology has an immense power of healing and prolongation of life. We don´t like to hear the aching of nature, the suffering of creation or our own suffering – caused by nature or by technology. Technology seems to be without measure and limits, and has already developed a self-dynamic, almost impossible to control. More and more, we become slaves of the compelling fascination technology exerts on our modern society. The biblical symbol for this phenomenon is the tower of Babylon, the City of Babylon.
Life in modern societies is experienced as a neverending spiral-like process of selforganized social and technical systems, ruled by necessity (tradition) and chance (progress). We are projecting this autodynamic experience of progress and advance in technology on nature. Then the whole world becomes a neverending, reiterating process, governed by power and fate, destiny and chance, repetition without identity. Maybe there is some heuristic truth in this perception, but God has no part in this game.
Samstag, 22. August 2009
Gefühle (3): Freude und Glück
Zum Gefühl der Freude und zum Glücksgefühl habe ich einige schöne und erhellende Zitate im Buch „Philosophie der Gefühle“ gefunden.
Zunächst anschauliche Beispiele aus dem Kapitel „Glück und Freude“ (S. 111-125), was Freude und Glück auslösen können:
Das Betrachten einer eindrucksvollen Landschaft
Eine besonders schöne Abendstimmung
Eintreffen eines lang ersehnten Besuchs
Erfolg in einer Sache
Wohlbefinden beim Essen und Trinken, bei einem Bad im Wasser oder in der Sonne, beim Tanzen oder beim Liebesspiel.
Geselligkeit – Freude an einer gemeinsamen Situation
Hören von Musik oder ein besonderer Kunstgenuss
Der blühende Garten, der abgeschlossene Text, das gelungene Festmahl
Nun einige, wie ich finde, faszinierende Einsichten in das Wesen von Freude und Glück:
„In der Freude erfahren wir uns als federleicht, ohne Gewicht, und alles scheint ganz mühelos vonstatten zu gehen. Man hüpft vor Freude oder hat zumindest einen Hüpfimpuls.“ (S. 22) – „Leiblich wird Freude als Weitung erfahren mit einer Tendenz nach allen Richtungen. Insbesondere fühlt man sich durch die Freude ‚gehoben‘“, (S. 111) „…oft so, als ob man der üblichen Erdenschwere entzogen wäre. Dieses leibliche Erleben kennzeichnet aber auch das Glücksgefühl als Stimmung. Man fühlt sich leicht und unbeschwert und dadurch oft auch stark und kraftvoll….Je größer und intensiver das Glück, das erfahren wird, umso großräumiger wird die Weitung erlebt…Alles scheint einem leicht von der Hand zu gehen. Negative Erfahrungen rücken in den Hintergrund oder werden uminterpretiert; entscheidend ist die Gegenwart, die als so erfüllend erlebt wird, dass selbst mögliche oder wahrscheinliche Probleme in der Zukunft verblassen und unwichtig erscheinen. Was im Glücksgefühl zählt, ist das erfüllte Hier und Jetzt.“ (S. 118)
„Glücksgefühle implizieren eine positive Bewertung bestimmter Umstände oder Situationen oder auch des eigenen Lebens im Ganzen.“ (114) – Glücksgefühle und, etwas abgeschwächt, das Gefühl der Freude deuten positive Erlebnisse auf das Leben im Ganzen, wird auf mein Leben als Ganzes bezogen (117). – Im Verdichtungsbereich des Glücksgefühls steht „oft die ganze Welt, wie sie selbst dem Glücklichen erscheint, mit ihm selbst als einem harmonischen Teil von ihr….Dass dieser Verdichtungsbereich so weit ist und so vieles im Gefühl umschließt, legt der Übergang zu einer alles umfassenden Stimmung nahe. Wegen dieses umfassenden Charakters des Glücksgefühls könnte man versucht sein, es als ein Gefühl zweiter Ordnung aufzufassen, als ein Gefühl, das spezifischere Gefühle, ‚kleine‘ und ‚große‘ Freuden, quasi verallgemeinert und mit einem Gefühle ‚kommentiert‘, das sich auf das eigene Leben im Ganzen bezieht.“ (119) - „Damit ein Leben in irgendeinem Sinne als ‚gelungen‘ beschrieben werden kann, sind neben den objektiv feststellbaren so genannten Glücksgütern, die zum Teil durch eigenen Tätigkeit erworben, zum Teil auf glückliche Umstände wie die Abwesenheit von Katastrophen rückführbar sind, auch jene subjektiven Glücksgefühle erforderlich.“ (S. 121.) – Glücksgefühle enthalten zudem die Handlungstendenz, ‚die ganze Welt zu umarmen‘, sie gehen oft mit einer großen Offenheit für die Welt und die Belange anderer einher.
„Wer Glücksgefühle oder ein Gefühl tiefer Zufriedenheit erlebt, empfindet oft auch ein Gefühl der Dankbarkeit. In monotheistischen Religionen ist dieses Gefühl auf Gott gerichtet; man dankt im Gebet für all das, was Gott den Menschen schenkt und insbesondere für das Schöne und Gute im Leben dessen, der betet.“ (124) Es handelt sich um eine „existentielle Dankbarkeit“, die bei nichtreligiösen Menschen keine klar definierte Adresse findet und damit der „Verdichtungsbereich“, für gläubige Menschen Gott, unbestimmt bleibt.
Angesichts dieser tiefen Beschreibung von Glück, Freude und Dankbarkeit ist es nur allzu verständlich und allzu klar, dass es das Ziel auch von Religion ist (und sein muss!), Gefühle des Glücks und der Freude auszulösen und zu ermöglichen.
Christoph Demmerling/Hilge Landweer, Philosophie der Gefühle. Von Achtung bis Zorn, Stuttgart: Metzler, 2007. ISBN 978-3-476-01767-3
Zunächst anschauliche Beispiele aus dem Kapitel „Glück und Freude“ (S. 111-125), was Freude und Glück auslösen können:
Das Betrachten einer eindrucksvollen Landschaft
Eine besonders schöne Abendstimmung
Eintreffen eines lang ersehnten Besuchs
Erfolg in einer Sache
Wohlbefinden beim Essen und Trinken, bei einem Bad im Wasser oder in der Sonne, beim Tanzen oder beim Liebesspiel.
Geselligkeit – Freude an einer gemeinsamen Situation
Hören von Musik oder ein besonderer Kunstgenuss
Der blühende Garten, der abgeschlossene Text, das gelungene Festmahl
Nun einige, wie ich finde, faszinierende Einsichten in das Wesen von Freude und Glück:
„In der Freude erfahren wir uns als federleicht, ohne Gewicht, und alles scheint ganz mühelos vonstatten zu gehen. Man hüpft vor Freude oder hat zumindest einen Hüpfimpuls.“ (S. 22) – „Leiblich wird Freude als Weitung erfahren mit einer Tendenz nach allen Richtungen. Insbesondere fühlt man sich durch die Freude ‚gehoben‘“, (S. 111) „…oft so, als ob man der üblichen Erdenschwere entzogen wäre. Dieses leibliche Erleben kennzeichnet aber auch das Glücksgefühl als Stimmung. Man fühlt sich leicht und unbeschwert und dadurch oft auch stark und kraftvoll….Je größer und intensiver das Glück, das erfahren wird, umso großräumiger wird die Weitung erlebt…Alles scheint einem leicht von der Hand zu gehen. Negative Erfahrungen rücken in den Hintergrund oder werden uminterpretiert; entscheidend ist die Gegenwart, die als so erfüllend erlebt wird, dass selbst mögliche oder wahrscheinliche Probleme in der Zukunft verblassen und unwichtig erscheinen. Was im Glücksgefühl zählt, ist das erfüllte Hier und Jetzt.“ (S. 118)
„Glücksgefühle implizieren eine positive Bewertung bestimmter Umstände oder Situationen oder auch des eigenen Lebens im Ganzen.“ (114) – Glücksgefühle und, etwas abgeschwächt, das Gefühl der Freude deuten positive Erlebnisse auf das Leben im Ganzen, wird auf mein Leben als Ganzes bezogen (117). – Im Verdichtungsbereich des Glücksgefühls steht „oft die ganze Welt, wie sie selbst dem Glücklichen erscheint, mit ihm selbst als einem harmonischen Teil von ihr….Dass dieser Verdichtungsbereich so weit ist und so vieles im Gefühl umschließt, legt der Übergang zu einer alles umfassenden Stimmung nahe. Wegen dieses umfassenden Charakters des Glücksgefühls könnte man versucht sein, es als ein Gefühl zweiter Ordnung aufzufassen, als ein Gefühl, das spezifischere Gefühle, ‚kleine‘ und ‚große‘ Freuden, quasi verallgemeinert und mit einem Gefühle ‚kommentiert‘, das sich auf das eigene Leben im Ganzen bezieht.“ (119) - „Damit ein Leben in irgendeinem Sinne als ‚gelungen‘ beschrieben werden kann, sind neben den objektiv feststellbaren so genannten Glücksgütern, die zum Teil durch eigenen Tätigkeit erworben, zum Teil auf glückliche Umstände wie die Abwesenheit von Katastrophen rückführbar sind, auch jene subjektiven Glücksgefühle erforderlich.“ (S. 121.) – Glücksgefühle enthalten zudem die Handlungstendenz, ‚die ganze Welt zu umarmen‘, sie gehen oft mit einer großen Offenheit für die Welt und die Belange anderer einher.
„Wer Glücksgefühle oder ein Gefühl tiefer Zufriedenheit erlebt, empfindet oft auch ein Gefühl der Dankbarkeit. In monotheistischen Religionen ist dieses Gefühl auf Gott gerichtet; man dankt im Gebet für all das, was Gott den Menschen schenkt und insbesondere für das Schöne und Gute im Leben dessen, der betet.“ (124) Es handelt sich um eine „existentielle Dankbarkeit“, die bei nichtreligiösen Menschen keine klar definierte Adresse findet und damit der „Verdichtungsbereich“, für gläubige Menschen Gott, unbestimmt bleibt.
Angesichts dieser tiefen Beschreibung von Glück, Freude und Dankbarkeit ist es nur allzu verständlich und allzu klar, dass es das Ziel auch von Religion ist (und sein muss!), Gefühle des Glücks und der Freude auszulösen und zu ermöglichen.
Christoph Demmerling/Hilge Landweer, Philosophie der Gefühle. Von Achtung bis Zorn, Stuttgart: Metzler, 2007. ISBN 978-3-476-01767-3
Freitag, 21. August 2009
Morgenandacht: Freut euch!
Freut euch immerzu, mit der Freude, die vom Herrn kommt! Und noch einmal sage ich: Freut euch! (Phil 4, 4 Die Gute Nachricht Bibel, 1997)
Du bist gerade aufgestanden, und weil du gestern Abend zu spät ins Bett gingst, fühlst du dich unausgeschlafen; die Glücksgefühle des gestrigen Abends sind wie weggeblasen und nun wartet ein langer Tag auf dich mit vielen Pflichten und Aufgaben. Am liebsten möchtest du wieder ins Bett kriechen. Möglicherweise hast du dich heute morgen sogar schon geärgert und du bist gereizt. Vielleicht bist du aber auch guter Laune, ausgeschlafen, voller Schaffenskraft und Lust, den Tag anzugehen. Wie immer auch deine Stimmung ist, ein Wort will dich den ganzen Tag begleiten: Freue dich immerzu, mit der Freude, die vom Herrn kommt. Dieser Aufruf will wie der regelmäßige Glockenschlag einer Turmuhr sein, um dich immer wieder daran zu erinnern, dass die Freude dein Leben bestimmen soll. Der heutige Tag wird sicherlich viele Gemütszustände in dir auslösen: Ärger und Frust, Hoffnung und Angst, Unlust und Müdigkeit, Zerstreutheit und Langeweile, Hektik und Zorn, Mitleid und Liebe und vieles mehr. Aber als Hintergrundmelodie oder Grundrhythmus oder Leitmotiv begleitet dich die Freude, die von Gott kommt. Sie sorgt dafür, dass du nicht das Gleichgewicht verlierst. All die verschiedenen Gemütszustände dürfen ruhig kommen, aber sie werden auch wieder gehen und nicht vollständig von dir Besitz ergreifen. Weil die Freude bleibt, die vom Herrn kommt. Es ist die Freude darüber, dass du zu Gott gehörst und du in seiner Liebe verankert bist. Es ist die Freude darüber, dass du zur Gemeinschaft der Gläubigen gehörst, die es überall auf der Welt gibt. Es ist die Freude darüber, dass dein Leben Sinn und Ziel hat. Es ist die Freude darüber, dass Gott dich berufen hat, die Liebe und die Gerechtigkeit in der Welt nicht zu vermindern, sondern zu vermehren. Es ist die Freude darüber, dass du dich nicht selbst tragen musst, sondern von Gott, vom Leben selbst, getragen wirst.
Du bist gerade aufgestanden, und weil du gestern Abend zu spät ins Bett gingst, fühlst du dich unausgeschlafen; die Glücksgefühle des gestrigen Abends sind wie weggeblasen und nun wartet ein langer Tag auf dich mit vielen Pflichten und Aufgaben. Am liebsten möchtest du wieder ins Bett kriechen. Möglicherweise hast du dich heute morgen sogar schon geärgert und du bist gereizt. Vielleicht bist du aber auch guter Laune, ausgeschlafen, voller Schaffenskraft und Lust, den Tag anzugehen. Wie immer auch deine Stimmung ist, ein Wort will dich den ganzen Tag begleiten: Freue dich immerzu, mit der Freude, die vom Herrn kommt. Dieser Aufruf will wie der regelmäßige Glockenschlag einer Turmuhr sein, um dich immer wieder daran zu erinnern, dass die Freude dein Leben bestimmen soll. Der heutige Tag wird sicherlich viele Gemütszustände in dir auslösen: Ärger und Frust, Hoffnung und Angst, Unlust und Müdigkeit, Zerstreutheit und Langeweile, Hektik und Zorn, Mitleid und Liebe und vieles mehr. Aber als Hintergrundmelodie oder Grundrhythmus oder Leitmotiv begleitet dich die Freude, die von Gott kommt. Sie sorgt dafür, dass du nicht das Gleichgewicht verlierst. All die verschiedenen Gemütszustände dürfen ruhig kommen, aber sie werden auch wieder gehen und nicht vollständig von dir Besitz ergreifen. Weil die Freude bleibt, die vom Herrn kommt. Es ist die Freude darüber, dass du zu Gott gehörst und du in seiner Liebe verankert bist. Es ist die Freude darüber, dass du zur Gemeinschaft der Gläubigen gehörst, die es überall auf der Welt gibt. Es ist die Freude darüber, dass dein Leben Sinn und Ziel hat. Es ist die Freude darüber, dass Gott dich berufen hat, die Liebe und die Gerechtigkeit in der Welt nicht zu vermindern, sondern zu vermehren. Es ist die Freude darüber, dass du dich nicht selbst tragen musst, sondern von Gott, vom Leben selbst, getragen wirst.
Donnerstag, 20. August 2009
Bibliser Ansichten
Dienstag, 18. August 2009
Eine ungewöhnliche Predigt
Die folgende chassidische Geschichte berührt mich immer wieder, wenn ich sie lese:
Die Juden in einer kleinen Stadt in Russland warteten sehnsüchtig auf die Ankunft ihres Rabbi. Sie hatten so viele Fragen, die sie dem gelehrten Mann stellen wollten. Als er schließlich bei ihnen eintraf und sie im Lehrhaus der Stadt zusammen waren, konnte der Rabbi die Spannung spüren, in der die Leute auf seine Antworten warteten. Zuerst sagte er nichts, er schaute den fragenden Menschen in die Augen, summte eine schwermütige Melodie. Langsam fielen alle Menschen ein und summten mit. Dann begann der Rabbi zu singen, und alle sangen mit ihm. Dann wiegte er seinen Körper, und schließlich tanzte er mit feierlichen Schritten. Die Gemeinde folgte seinem Beispiel. Bald waren sie so vom Singen und gottesdienstlichen Tanz gefangen, dass sie auf nichts mehr achteten. Die Spannung wich einer wunderbaren Erlösung. Die Menschen wurden innen angerührt und von ihrer Zerrissenheit geheilt. Die vielen Fragen kamen zur Ruhe. Gut eine Stunde war vergangen, als das Singen und Tanzen langsam aufhörte. Die Menschen tauchten in einen schweigenden Frieden ein, der den ganzen Raum und ihre Herzen erfüllte. Dann sagte der Rabbi die einzigen Worte an dem Abend: „Ich hoffe, dass eure vielen Fragen beantwortet sind!”
Aus Axel Kühner: Hoffen wir das Beste, S.228, © Aussaat-Verlag, Neukirchen-Vluyn.
Erläuterungen zum Chassidismus im Wikipedia-Artikel:
Chassidismus kommt von dem hebräischen Wort חסידים / Chassidim, „Fromme“ und bezeichnet verschiedene voneinander unabhängige Bewegungen im Judentum. Gemeinsam ist diesen Bewegungen der hohe Standard religiöser Observanz, der hohe moralische Anspruch sowie eine besondere Gottesnähe, die häufig mystische Ausprägung gefunden hat. Begründer des osteuropäischen Chassidismus ist Israel ben Elieser (um 1700-1760), genannt Baal Schem Tow („Meister des guten Namens“). Innerhalb weniger Jahrzehnte verbreitete sich der Chassidismus in jüdischen Gemeinden in der Ukraine, in Polen, Weißrussland, Russland, Österreich und Deutschland. Der Baal Schem Tow und seine Nachfolger betonten den Wert des traditionellen Studiums der Tora und der mündlichen Überlieferung, des Talmud und seiner Kommentare. Daneben gewann die mystische Tradition der Kabbala erheblichen Einfluss. Über dieses Studium hinaus steht im Chassidismus das persönliche und gemeinschaftliche religiöse Erlebnis an vorderster Stelle.
Die Chassidim (Mehrzahl von Chassid) versammeln sich besonders am Sabbat und den jüdischen Festtagen um ihren Rabbi (jiddisch „Rebbe“), um in Gebet, Liedern und Tänzen und auch religiöser Ekstase Gott näher zu kommen. Der chassidische Rabbi, genannt „Zaddik“ („Gerechter, Bewährter“, von hebräisch „zedek“ = „Gerechtigkeit“), ist ein charismatischer Führer und Mittelpunkt der Gemeinde und gibt die chassidischen Lehren – oftmals in Form von Erzählungen und Gleichnissen – an seine Schüler weiter.
Die Juden in einer kleinen Stadt in Russland warteten sehnsüchtig auf die Ankunft ihres Rabbi. Sie hatten so viele Fragen, die sie dem gelehrten Mann stellen wollten. Als er schließlich bei ihnen eintraf und sie im Lehrhaus der Stadt zusammen waren, konnte der Rabbi die Spannung spüren, in der die Leute auf seine Antworten warteten. Zuerst sagte er nichts, er schaute den fragenden Menschen in die Augen, summte eine schwermütige Melodie. Langsam fielen alle Menschen ein und summten mit. Dann begann der Rabbi zu singen, und alle sangen mit ihm. Dann wiegte er seinen Körper, und schließlich tanzte er mit feierlichen Schritten. Die Gemeinde folgte seinem Beispiel. Bald waren sie so vom Singen und gottesdienstlichen Tanz gefangen, dass sie auf nichts mehr achteten. Die Spannung wich einer wunderbaren Erlösung. Die Menschen wurden innen angerührt und von ihrer Zerrissenheit geheilt. Die vielen Fragen kamen zur Ruhe. Gut eine Stunde war vergangen, als das Singen und Tanzen langsam aufhörte. Die Menschen tauchten in einen schweigenden Frieden ein, der den ganzen Raum und ihre Herzen erfüllte. Dann sagte der Rabbi die einzigen Worte an dem Abend: „Ich hoffe, dass eure vielen Fragen beantwortet sind!”
Aus Axel Kühner: Hoffen wir das Beste, S.228, © Aussaat-Verlag, Neukirchen-Vluyn.
Erläuterungen zum Chassidismus im Wikipedia-Artikel:
Chassidismus kommt von dem hebräischen Wort חסידים / Chassidim, „Fromme“ und bezeichnet verschiedene voneinander unabhängige Bewegungen im Judentum. Gemeinsam ist diesen Bewegungen der hohe Standard religiöser Observanz, der hohe moralische Anspruch sowie eine besondere Gottesnähe, die häufig mystische Ausprägung gefunden hat. Begründer des osteuropäischen Chassidismus ist Israel ben Elieser (um 1700-1760), genannt Baal Schem Tow („Meister des guten Namens“). Innerhalb weniger Jahrzehnte verbreitete sich der Chassidismus in jüdischen Gemeinden in der Ukraine, in Polen, Weißrussland, Russland, Österreich und Deutschland. Der Baal Schem Tow und seine Nachfolger betonten den Wert des traditionellen Studiums der Tora und der mündlichen Überlieferung, des Talmud und seiner Kommentare. Daneben gewann die mystische Tradition der Kabbala erheblichen Einfluss. Über dieses Studium hinaus steht im Chassidismus das persönliche und gemeinschaftliche religiöse Erlebnis an vorderster Stelle.
Die Chassidim (Mehrzahl von Chassid) versammeln sich besonders am Sabbat und den jüdischen Festtagen um ihren Rabbi (jiddisch „Rebbe“), um in Gebet, Liedern und Tänzen und auch religiöser Ekstase Gott näher zu kommen. Der chassidische Rabbi, genannt „Zaddik“ („Gerechter, Bewährter“, von hebräisch „zedek“ = „Gerechtigkeit“), ist ein charismatischer Führer und Mittelpunkt der Gemeinde und gibt die chassidischen Lehren – oftmals in Form von Erzählungen und Gleichnissen – an seine Schüler weiter.
Geistliche Übungen (6): Lektüre biblischer Texte
Das Studium biblischer Texte ist einer der intensivsten Wege, Gott zu erfahren. Es ist wirklich ganz einfach. Ich greife zu einer Bibel und lese – einen Vers, ein Kapitel, oder ein ganzes biblisches Buch. Das Geheimnis ist, dass ich voraussetzungslos an die Lektüre herangehen kann. Es ist nicht notwendig, eine bestimmte Einstellung zu den Texten zu haben, weil diese Texte selbst die Kraft haben können, uns in eine neue Sichtweise hineinzuversetzen. Darum ist es auch gleichgültig, ob man mit einer verstandesmäßig kritisch-analytischen Haltung, oder mit einer ehrerbietigen Einstellung liest. Die Frustration, dass die gelesenen Bibelverse „mir nichts sagen“, kann sich in jedem Fall zunächst einmal einstellen. Diese Texte sind immerhin 2000–3000 Jahre alt und in kulturelle, politische wie soziale Situationen hineingeschrieben worden, die uns nicht mehr vertraut sind. Es gibt so viele Gründe, diese Texte „schwierig“ zu finden. Die „Fremdheit“ der Texte ist aber geradezu ihre Stärke, weil sie uns von uns selbst, von dem, was uns vertraut ist, wegführen und dabei zur Selbstrelativierung des Lesers beitragen. Bei andauernder, regelmäßiger Lektüre – auch verschiedener Bibelübersetzungen – beginnen die Texte dann vertrauter zu werden: eine bestimmte Aussage, ein besonderes Bild, ein tröstender Zuspruch, eine wichtige Mahnung, eine neue Gotteserkenntnis erschließen sich, ergänzen einander – die Worte gewinnen mit einem Male an Farbe und Lebendigkeit. In Fahrt gekommen, ist es ein Leichtes, weiterzulesen, zu vergleichen und Texte miteinander in Beziehung zu setzen. Persönliche Schlüsseltexte werden entdeckt, die man immer wieder gerne liest, weil sie Tiefenschichten in der Seele zum Klingen bringen – der Geist Gottes erweckt unsere Vernunft, die Gottes Wort im Menschenwort der Texte entdeckt und so zum „Brot des Lebens“ werden kann.
Montag, 17. August 2009
Der Sabbat als Vision eines nachhaltigen Lebensstils
1991 tagte die Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Canberra zu verschiedenen Themenbereichen. In der "Sektion I" ging es um Fragen der Schöpfungsethik, die auf unterschiedliche Weise und z.T. theologisch recht provokant angegangen wurden. Im Bericht der Sektion wird auf die biblische Sabbattradition Bezug genommen:
"Sowohl für Juden als auch für Christen bietet die Einführung des Sabbats, des Sabbatjahres und des Jubeljahres eine deutliche Vision der ökonomischen und ökologischen Versöhnung, der sozialen und persönlichen Erneuerung."
"Der Sabbat erinnert uns daran, dass Zeit, der Bereich des Seienden, nicht lediglich Verfügbares ist, sondern eine heilige Dimension hat, die unserem Kontroll-, Befehls- und Unterdrückungszwang widersteht."
in: W. Müller-Römheld (Hrsg.), Im Zeichen des Heiligen Geistes. Bericht aus Canberra 1991, Frankfurt am Main 1991, S. 64.
"Sowohl für Juden als auch für Christen bietet die Einführung des Sabbats, des Sabbatjahres und des Jubeljahres eine deutliche Vision der ökonomischen und ökologischen Versöhnung, der sozialen und persönlichen Erneuerung."
"Der Sabbat erinnert uns daran, dass Zeit, der Bereich des Seienden, nicht lediglich Verfügbares ist, sondern eine heilige Dimension hat, die unserem Kontroll-, Befehls- und Unterdrückungszwang widersteht."
in: W. Müller-Römheld (Hrsg.), Im Zeichen des Heiligen Geistes. Bericht aus Canberra 1991, Frankfurt am Main 1991, S. 64.
Sonntag, 16. August 2009
Jakobusbrief (5): Ausdrucksformen von Spiritualität
In den letzten Wochen habe ich Texte zur Spiritualität des 1. Johannesbriefes und des Jakobusbriefes gepostet. Es sind kleine Bausteine für einen längeren Text: "Urchristliche Spiritualität. Erfahrungen der Nähe Gottes im Kontext ihrer Zeit."
"Ausdrucksformen von Spiritualität" sind Haltungen und Praktiken, die man tatsächlich beobachten kann, selbst wenn man in die Person(en) nicht "hineinschauen" kann; aber am Äußeren, am "Ausdruck" der Person(en) ist zumindest erkennbar, dass Spiritualität praktiziert wird.
Im Vordergrund des Jakobusbriefes steht eine Spiritualität der Barmherzigkeit, die sich an einem bestimmten Habitus (3,17-18) und den daraus resultierenden praktischen Taten erkennen lässt.
„Redet so und handelt wie Menschen, die nach dem Gesetz der Freiheit gerichtet werden“ (2,12).
Zu beobachten ist dann ein Mensch, der in seiner Kommunikation „sanftmütige Weisheit“ (3,13 oder: weise Sanftmut) ausstrahlt; er oder sie kommt ohne Zorn, ohne Fluchen, ohne Verleumdung, ohne Klagen über die anderen aus. Geduld zeichnet sie oder ihn aus (5,7-11), dazu Freude am Frieden und eine gütige Freundlichkeit.
Damit untrennbar verbunden ist eine aktive Barmherzigkeit im Handeln: „Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Not besuchen.“ (1,27); zum Besuch gehört die wirtschaftliche Unterstützung für den notwendigen Bedarf – Versorgung mit Kleidung und täglichem Brot (2,15-17).
Der Brief selbst versteht sich auch als Ruf zur Umkehr (5,19-20). Wenn jemand durch die ernste Ermahnung des Briefes zum Einsicht kommt, und das ist die Erwartung des Jakobus, dann soll er Buße tun: „Klagt und trauert und weint! Euer Lachen verwandle sich in Trauer, eure Freude in Betrübnis. Macht euch klein vor dem Herrn, dann wird er euch erhöhen.“ (4,9-10; vgl. auch 5,1).
Zur Buße tritt das Gebet um die Weisheit Gottes, die das Reden und Handeln im oben genannten Sinn positiv verwandelt.
Der Brief möchte in die Sichtweise dieser Weisheit einüben. Der Autor verwendet dazu einen Stil, der in lebendiger und sehr anschaulicher Weise mal das eine und dann wieder das andere Thema anspricht und in recht kurzen Sequenzen argumentativ darlegt. Es liegt aber kein durchkomponierter Gedankengang vor, sondern eine lockere Zuordnung der Themen, die ihm am Herzen liegen. Verbindungen und Strukturen lassen sich durchaus erkennen, dennoch fällt der fast sprunghafte Wechsel vom einen zum anderen Thema auf, aber genauso die Wiederaufnahme und Vertiefung von Themen, die dem Autor besonders wichtig sind, vor allem das Verhalten der Reichen. Mit diesem Stil erreicht Jakobus ein sehr eindringliches Einwirken auf die Hörer und Leser seines Textes, das Umkehr von der Anpassung an die „Welt“ (Verweltlichung, Anpassung an die Normen der Mehrheitsgesellschaft) und Hinwendung zur „Weisheit von oben“ erreichen möchte.
Am Ende des Briefes (5,13-16) werden einige Übungen und Riten hervorgehoben, die dem Autor wichtig erscheinen, oder er möchte sie einführen, weil sie wenig bekannt sind:
Bei guter Laune soll man Lobpsalmen singen; wenn man bedrückt ist, Klage- oder Bittpsalmen beten.
Wer krank ist, soll das Gebet und die Salbung mit Öl durch die Ältesten der Gemeinde suchen.
Im Zusammenhang mit Krankheit, aber auch darüber hinaus empfiehlt Jakobus das gemeinsame, also öffentliche Sündenbekenntnis und die Fürbitte untereinander.
Die zu Beginn und am Ende des Briefes angemahnte Geduld bezieht sich auf die Prüfungen/Versuchungen, die aus dem eigenen Inneren hervortreten, wie auch auf die unsicheren Verläufe des Lebens: "Ihr soll sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und die oder das tun.“
"Ausdrucksformen von Spiritualität" sind Haltungen und Praktiken, die man tatsächlich beobachten kann, selbst wenn man in die Person(en) nicht "hineinschauen" kann; aber am Äußeren, am "Ausdruck" der Person(en) ist zumindest erkennbar, dass Spiritualität praktiziert wird.
Im Vordergrund des Jakobusbriefes steht eine Spiritualität der Barmherzigkeit, die sich an einem bestimmten Habitus (3,17-18) und den daraus resultierenden praktischen Taten erkennen lässt.
„Redet so und handelt wie Menschen, die nach dem Gesetz der Freiheit gerichtet werden“ (2,12).
Zu beobachten ist dann ein Mensch, der in seiner Kommunikation „sanftmütige Weisheit“ (3,13 oder: weise Sanftmut) ausstrahlt; er oder sie kommt ohne Zorn, ohne Fluchen, ohne Verleumdung, ohne Klagen über die anderen aus. Geduld zeichnet sie oder ihn aus (5,7-11), dazu Freude am Frieden und eine gütige Freundlichkeit.
Damit untrennbar verbunden ist eine aktive Barmherzigkeit im Handeln: „Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Not besuchen.“ (1,27); zum Besuch gehört die wirtschaftliche Unterstützung für den notwendigen Bedarf – Versorgung mit Kleidung und täglichem Brot (2,15-17).
Der Brief selbst versteht sich auch als Ruf zur Umkehr (5,19-20). Wenn jemand durch die ernste Ermahnung des Briefes zum Einsicht kommt, und das ist die Erwartung des Jakobus, dann soll er Buße tun: „Klagt und trauert und weint! Euer Lachen verwandle sich in Trauer, eure Freude in Betrübnis. Macht euch klein vor dem Herrn, dann wird er euch erhöhen.“ (4,9-10; vgl. auch 5,1).
Zur Buße tritt das Gebet um die Weisheit Gottes, die das Reden und Handeln im oben genannten Sinn positiv verwandelt.
Der Brief möchte in die Sichtweise dieser Weisheit einüben. Der Autor verwendet dazu einen Stil, der in lebendiger und sehr anschaulicher Weise mal das eine und dann wieder das andere Thema anspricht und in recht kurzen Sequenzen argumentativ darlegt. Es liegt aber kein durchkomponierter Gedankengang vor, sondern eine lockere Zuordnung der Themen, die ihm am Herzen liegen. Verbindungen und Strukturen lassen sich durchaus erkennen, dennoch fällt der fast sprunghafte Wechsel vom einen zum anderen Thema auf, aber genauso die Wiederaufnahme und Vertiefung von Themen, die dem Autor besonders wichtig sind, vor allem das Verhalten der Reichen. Mit diesem Stil erreicht Jakobus ein sehr eindringliches Einwirken auf die Hörer und Leser seines Textes, das Umkehr von der Anpassung an die „Welt“ (Verweltlichung, Anpassung an die Normen der Mehrheitsgesellschaft) und Hinwendung zur „Weisheit von oben“ erreichen möchte.
Am Ende des Briefes (5,13-16) werden einige Übungen und Riten hervorgehoben, die dem Autor wichtig erscheinen, oder er möchte sie einführen, weil sie wenig bekannt sind:
Bei guter Laune soll man Lobpsalmen singen; wenn man bedrückt ist, Klage- oder Bittpsalmen beten.
Wer krank ist, soll das Gebet und die Salbung mit Öl durch die Ältesten der Gemeinde suchen.
Im Zusammenhang mit Krankheit, aber auch darüber hinaus empfiehlt Jakobus das gemeinsame, also öffentliche Sündenbekenntnis und die Fürbitte untereinander.
Die zu Beginn und am Ende des Briefes angemahnte Geduld bezieht sich auf die Prüfungen/Versuchungen, die aus dem eigenen Inneren hervortreten, wie auch auf die unsicheren Verläufe des Lebens: "Ihr soll sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und die oder das tun.“
Freitag, 14. August 2009
Seligpreisungen - Ermutigung zu einer gewaltlosen Lebensform
Matthäus 5, 1: Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
8 Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich
(Lutherübersetzung)
Diese 8 Seligpreisungen bei Matthäus sind kunstvoll gestaltet: die Wendung "Reich der Himmel" ("Himmelreich") wird in der 1. und 8., das Wort "Gerechtigkeit" in der 4. und 8. Seligpreisung verwendet. Meine These ist: Matthäus läßt Jesus Menschen glückselig sprechen, die in ihrem Verhalten auf Gewalt verzichten, weil sie sich am Reich Gottes (an der Herrschaft Gottes) orientieren. Jesus hebt Einstellungen und Verhaltensweisen hervor, die gewaltlos sind oder der Gewalt entgegenstehen. Diese Behauptung möchte ist jetzt kurz für jede Glücklichpreisung begründen:
Die „im Geist Armen“ sind nicht die Beschränkten oder Naiven, sondern Menschen, die bewusst darauf verzichten, andere Menschen ausgrenzende Gewalt durch Arroganz und Verachtung auszuüben. Wer „geistig arm“ ist, bläht sich nicht auf, sondern denkt von sich selbst bescheiden und lässt damit auch anderen ihren Raum.
Die „Trauernden“ (das ist genauer als die Formulierung "die da Leid tragen" bei Luther) weinen über unterschiedliche Formen der Gewalt. Sie spüren die Gewalt, die ihnen selbst angetan wird. Sie haben sich kein „dickes Fell“ zugelegt, sie nehmen auch subtile Formen der Gewalt wahr (Kränkungen, Ausgrenzungen, Übersehen werden). Die Trauernden sind aber auch genauso sensibel für Gewalt, die sie selbst ausüben, und darunter leiden sie. Schließlich haben sie einen Blick für die Gewalt, die anderen angetan wird. Sie leiden mit den Opfern. Sie schauen nicht weg, sondern weinen mit ihnen.
Die „Freundlichen“ (oder: Sanftmütigen) können sich mit ihrer Sanftmut in andere Menschen einfühlen und ihnen nahe sein, ohne das Innere des Mitmenschen gewaltsam einzudringen. Sie achten die Grenzen der Anderen.
Wer nach „Gerechtigkeit hungert und dürstet“, hält in sich die Sehnsucht nach einer Welt wach, in der Fairness das gegenseitige Verhalten bestimmt. Aber er will diese bessere Welt nicht mit Gewalt durchsetzen. Vielmehr unterstützt er Menschen, die sich für Fairness einsetzen und bemüht sich selbst darum.
Die „Barmherzigen“ wenden sich der Not von Gewaltopfern zu, ohne selbst Gewalt anzuwenden. Sie helfen Misshandelten, Ausgeraubten oder Mobbing-Opfern wieder auf die Beine. Jesus hat dies im Gleichnis vom barmherzigen Samariter anschaulich beschrieben. Der Samariter sieht den halbtot am Wegerand liegenden Überfallenen, versorgt vorsichtig seine Wunden und bringt ihn dann an einen Ort, wo er wieder zu Kräften kommen kann.
Wer „im Herzen rein“ ist, dessen Gefühle sind frei von Gewaltphantasien. Sein Denken kennt keine Rachepläne. Der Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt, von Vergeltung und Rache wird von denen, die reinen Herzens sind, unterbrochen.
Die „Friedensstifter“ (die Übersetzung Luthers "die Friedfertigen" ist zu wenig aktiv formuliert) suchen nach Wegen, zerstörerischen Streit zu verhindern oder zu beenden. Wenn sie selbst in einen destruktiven Streit verstrickt sind, wollen sie nicht Sieger sein, sondern aus dem Gegner einen Freund machen. Wenn sie im Streit vermitteln, haben sie nicht nur eine Feuerpause, sondern Freundschaft im Blick. Denn wirklicher Friede ist nur dort zu Hause, wo Menschen einzeln oder in Gruppen einander als Freunde betrachten.
Die „um der Gerechtigkeit willen Verfolgten“ sind Menschen, die das Risiko auf sich nehmen, im Engagement für Gerechtigkeit Gewalt selbst Gewalt zu erfahren. Sie erdulden Leid, ohne zurückzuschlagen.
Was Jesus hier im Blick hat, ist keine schwächliche, sondern eine "starke" und aktive Gewaltlosigkeit, die von Liebe und Barmherzigkeit motiviert ist.
Donnerstag, 13. August 2009
Jakobusbrief (4): Gottesferne
Fern von Gott ist die „Welt“: „Wisst ihr nicht, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, der wird zum Feind Gottes.“ Mit der „Welt“ ist der Teufel (diabolos) verbunden: „Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch. Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch!“ Was aber ist die Welt? Damit ist eine besondere negative Qualität psychischer und sozialer Wirklichkeit gemeint. Es ist die Sphäre der seelischen Unausgeglichenheit wie auch des sozialen Unfriedens: „Denn wo Neid und Streit sind, da sind Unordnung und lauter böse Dinge“ (3,17). In der „Welt“ wirkt die Weisheit, die nicht himmlisch, sondern irdisch ist, die „von unteren Bereich her“ (psychike) kommt, ja dämonisch (daimoniodes) charakterisiert werden kann. Sigmund Freud hätte diesen Bereich das „Es“ genannt, die Welt der Triebhaftigkeit. „Woher kommt der Kampf unter euch, woher der Streit? Doch wohl von euren Lüsten/Leidenschaften, die in euren Gliedern gegeneinander kämpfen!“ (4,1). Zu diesen negativen Affekten zählt Jakobus Gier, Mordlust, Neid (4,2), Zorn (1,19-20), Fluchen/Verfluchen (3,9-10), Hochmut und Stolz/Übermut (4,6; 4,16).
Die Seele, das Innere kann Jakobus „Herz“ nennen (4,8). Hier sind die Begierden, die eine große Macht besitzen und unabhängig, ja autonom von Gottes Einfluß sind: „Jeder aber, der versucht wird, wird von den eigenen Begierden gelockt und geködert. Wenn die Leidenschaft empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, bringt den Tod hervor.“ Die gottferne Seele ist voller Zweifel („Wer zweifelt, der gleicht eine Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird.“), d.h. unbeständig, unklar, unsicher. Ein solcher Seelenzustand wird in 1,8 und 4,8 „zwei Seelen habend“ (dipsychos) genannt. Die Lutherbibel übersetzt mit „unbeständig“ und „wankelmütig“. Es geht um einen Zustand des Hin und Her, der Unentschiedenheit oder auch der Haltlosigkeit, d.h. keinen festen inneren Stand einnehmen können. Ganz anders der Zustand der inneren Stabilität, den die Weisheit „von oben“ schenken möchte, der Zustand der Geduld und des Friedens (1,3-4; 3,18; 5,7-11).
Die negative soziale Wirklichkeit, die Jakobus „Welt“ nennt, ist von der Dominanz und Arroganz der besitzenden Klasse beherrscht. Die Reichen ziehen die Aufmerksamkeit auf sich (2,2-4) üben Gewalt aus und lästern (2,6-7). Ihnen fehlt jede Demut; sie führen sich als Herrscher auf Erden auf, die alles bestimmen und lenken dürfen (4,13; 5,5-6). Mit zwei plastischen Naturbildern illustriert Jakobus diese Illusion: „Was ist euer Leben? Rauch seid ihr, der eine Weile sichtbar ist und dann verschwindet.“ (4,14) - „Die Sonne geht auf mit ihrer Hitze und das Gras verwelkt, und die Blume fällt ab, ihre schöne Gestalt verdirbt. So wird auch der Reiche mit seinen Unternehmungen dahinschwinden (verwelken).“
Die Seele, das Innere kann Jakobus „Herz“ nennen (4,8). Hier sind die Begierden, die eine große Macht besitzen und unabhängig, ja autonom von Gottes Einfluß sind: „Jeder aber, der versucht wird, wird von den eigenen Begierden gelockt und geködert. Wenn die Leidenschaft empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, bringt den Tod hervor.“ Die gottferne Seele ist voller Zweifel („Wer zweifelt, der gleicht eine Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird.“), d.h. unbeständig, unklar, unsicher. Ein solcher Seelenzustand wird in 1,8 und 4,8 „zwei Seelen habend“ (dipsychos) genannt. Die Lutherbibel übersetzt mit „unbeständig“ und „wankelmütig“. Es geht um einen Zustand des Hin und Her, der Unentschiedenheit oder auch der Haltlosigkeit, d.h. keinen festen inneren Stand einnehmen können. Ganz anders der Zustand der inneren Stabilität, den die Weisheit „von oben“ schenken möchte, der Zustand der Geduld und des Friedens (1,3-4; 3,18; 5,7-11).
Die negative soziale Wirklichkeit, die Jakobus „Welt“ nennt, ist von der Dominanz und Arroganz der besitzenden Klasse beherrscht. Die Reichen ziehen die Aufmerksamkeit auf sich (2,2-4) üben Gewalt aus und lästern (2,6-7). Ihnen fehlt jede Demut; sie führen sich als Herrscher auf Erden auf, die alles bestimmen und lenken dürfen (4,13; 5,5-6). Mit zwei plastischen Naturbildern illustriert Jakobus diese Illusion: „Was ist euer Leben? Rauch seid ihr, der eine Weile sichtbar ist und dann verschwindet.“ (4,14) - „Die Sonne geht auf mit ihrer Hitze und das Gras verwelkt, und die Blume fällt ab, ihre schöne Gestalt verdirbt. So wird auch der Reiche mit seinen Unternehmungen dahinschwinden (verwelken).“
Mittwoch, 12. August 2009
Dienstag, 11. August 2009
Glauben und Wissenschaft: Das Prinzip der Komplementarität
"Gott würfelt nicht" - so hat Albert Einstein sinngemäß auf die philosophischen Konsequenzen reagiert, die Niels Bohr und Werner Heisenberg aus ihrer Darstellung der Quantenphysik zogen. (Genau: "Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt" in einem Brief an Max Born vom 4.12.1926). Einstein selbst hatte in seinem "annus mirabilis" (1905 mit mehreren bahnbrechenden Veröffentlichungen u.a. der spezifischen Relativitätstheorie) nach Max Planck (1900) bestimmte Lichtphänomene mit Hilfe der Vorstellung von Lichtquanten (Photonen) erklärt und damit der Quantenphysik vorgearbeitet. In der u.a. von Niels Bohr und Werner Heisenberg maßgeblich mathematisch entwickelten Quantenphysik versucht man mit dem Problem zurechtzukommen, dass Elementarteilchen sowohl als Welle wie auch als Teilchen beobachtet werden können. Heisenberg entdeckte dabei die "Unschärferelation", d.h. es können nicht Zeit und Ort von Elementarteilchen zugleich genau bestimmt werden (ich formuliere es jetzt mal so laienhaft). Wie ist dies zu erklären? Nach der "Kopenhagener Deutung" (Niels Bohr, Werner Heisenberg, Carl Friedrich v. Weizäcker u.a.) gehört zu diesen physikalischen Phänomenen und damit zur Wirklichkeit ein Moment der "Unbestimmtheit", d.h. sie sind nicht völlig determiniert (das konnte Einstein nicht akzeptieren und darum sein Ausspruch: "Das, wobei unsere Berechnungen versagen, nennen wir Zufall."). Bis heute ist diese Deutung umstritten. Kennen wir vielleicht nur bestimmte Variablen nicht, die dann doch zu einer deterministischen Beschreibung quantenphysikalischer Phänomene führen würden? Oder müssen wir akzeptieren, dass auf dieser Ebene physikalischer Vorgänge ein Beobachter immer schon das Beobachtete in seinem Verhalten beeinflusst (eine weitere Seltsamkeit bei quantenphysikalischen Experimenten!) und wir über unsere "relativen" Beobachtungen hinaus nichts Endgültiges sagen können? Das wäre das Modell der wissenschaftlichen Selbstbeschränkung (nicht seinshafte Wirklichkeit, sondern nur beobachte Wirklichkeit wird beschrieben), dem ich zuneigen würde.
Was das Verhältnis von Glaube und Bildung, Religion und Wissenschaft betrifft, so erscheint mir das Konzept der "Komplementarität", das Niels Bohr einführte, um dem Phänomen "Licht" gerecht zu werden, immer noch besonders fruchtbar zu sein.
Was ist damit gemeint?
Es ist die Vorstellung "daß eine vollständige Beschreibung der Realität den Gebrauch mehrerer, aber einander ausschließender Perspektiven erfordert."
(Zitat nach Kirk Wegter-McNelly, Artikel Quantenphysik, im Lexikon "Religion in Geschichte und Gegenwart", 4. Auflage, Band 4, 2003, S. 1859). Licht = Welle/Teilchen.
Angewandt auf das Verhältnis von Glaube und Wissenschaft bedeutet das: Beide, das Zeugnis des Glaubens von der Wirklichkeit als bewahrte Schöpfung Gottes auf der einen Seite, und das Axiom der Selbstorganisation der Natur, das die modernen Naturwissenschaften voraussetzen, auf der anderen Seite, sind zur vollständigen Beschreibung der Realität notwendig, obwohl ihre Perspektiven einander ausschließen. D.h. weder die Glaubensperspektive noch die empirische Wissenschaftsperspektive allein reichen aus, um die Wirklichkeit vollständig zu beschreiben, zu erfassen, zu erfahren. Jede Perspektive sieht etwas, was die andere nicht sehen kann. Und jede Perspektive sieht etwas nicht, was die andere sieht. Mit diesem Prinzip ist man von dem Zwang befreit, das eine auf das andere reduzieren zu wollen. Es befreit zu einem mehrperspektivischen Wahrnehmen, wenn auch auf Kosten der Synthese, der Einheit.
Was das Verhältnis von Glaube und Bildung, Religion und Wissenschaft betrifft, so erscheint mir das Konzept der "Komplementarität", das Niels Bohr einführte, um dem Phänomen "Licht" gerecht zu werden, immer noch besonders fruchtbar zu sein.
Was ist damit gemeint?
Es ist die Vorstellung "daß eine vollständige Beschreibung der Realität den Gebrauch mehrerer, aber einander ausschließender Perspektiven erfordert."
(Zitat nach Kirk Wegter-McNelly, Artikel Quantenphysik, im Lexikon "Religion in Geschichte und Gegenwart", 4. Auflage, Band 4, 2003, S. 1859). Licht = Welle/Teilchen.
Angewandt auf das Verhältnis von Glaube und Wissenschaft bedeutet das: Beide, das Zeugnis des Glaubens von der Wirklichkeit als bewahrte Schöpfung Gottes auf der einen Seite, und das Axiom der Selbstorganisation der Natur, das die modernen Naturwissenschaften voraussetzen, auf der anderen Seite, sind zur vollständigen Beschreibung der Realität notwendig, obwohl ihre Perspektiven einander ausschließen. D.h. weder die Glaubensperspektive noch die empirische Wissenschaftsperspektive allein reichen aus, um die Wirklichkeit vollständig zu beschreiben, zu erfassen, zu erfahren. Jede Perspektive sieht etwas, was die andere nicht sehen kann. Und jede Perspektive sieht etwas nicht, was die andere sieht. Mit diesem Prinzip ist man von dem Zwang befreit, das eine auf das andere reduzieren zu wollen. Es befreit zu einem mehrperspektivischen Wahrnehmen, wenn auch auf Kosten der Synthese, der Einheit.
Geistliche Übungen (5): Zuhören
Das Buch „Momo“ von Michael Ende hat nicht zuletzt darum einen so großen Erfolg gehabt und viele Menschen angerührt, weil Momo in ausgezeichneter Weise die Gabe des Zuhörens besaß. Oft hörte sie einfach nur wohltuend zu. Wer zuhört, ist beim anderen, nicht bei sich selbst. Er tritt ein in die Welt des anderen. Viele Menschen, die sich unterhalten, können oder wollen dies nicht; sie hören einander gar nicht richtig zu. Sie nehmen nur diejenigen Äußerungen des anderen auf, an denen sie eigene Gedanken anknüpfen können. Wenn beide dies gleichzeitig tun, dann hüpfen sie von einem Thema zu anderen. Sie praktizieren Small-Talk, der vielleicht ganz unterhaltsam ist, aber keine von beiden hat der anderen wirklich ihr Ohr geschenkt. Es ist eine seltene, aber dann oft umwerfende Erfahrung, wenn jemand tatsächlich ganz zuhört, sich völlig auf sein Gegenüber einstellt und echtes Interesse für dessen Welt zeigt. Es ist ein Geschenk, dies erleben zu können. Man kann es nicht erzwingen, außer man leistet sich einen Therapeuten, der darauf spezialisiert ist.
Solche Menschen können „Aktiv zuhören“, das „einfühlende Verstehen“ (Empathie) praktizieren. Wenn ich „ganz Ohr“ bin, dann vergesse ich mich in dieser Zeit selbst, schenke mich dem anderen und bereite ihm das, was so wertvoll ist: verstehende Liebe. Das zu erleben, kann eine sehr tiefe Gotteserfahrung sein. Keine Freundschaft und keine Partnerschaft, die wirklich befriedigend erlebt wird, wenn sich die Freunde oder Freundinnen, die Partner nicht gegenseitig durch Zuhören beschenken. Richtig praktiziert sieht das dann so aus, dass es nicht zum Zwiegespräch kommt, sondern einer ganz die Rolle des Hörenden einnimmt und der andere ganz in der Rolle des Sprechenden sein darf. Ein anderes Mal werden dann die Rollen getauscht.
Solche Menschen können „Aktiv zuhören“, das „einfühlende Verstehen“ (Empathie) praktizieren. Wenn ich „ganz Ohr“ bin, dann vergesse ich mich in dieser Zeit selbst, schenke mich dem anderen und bereite ihm das, was so wertvoll ist: verstehende Liebe. Das zu erleben, kann eine sehr tiefe Gotteserfahrung sein. Keine Freundschaft und keine Partnerschaft, die wirklich befriedigend erlebt wird, wenn sich die Freunde oder Freundinnen, die Partner nicht gegenseitig durch Zuhören beschenken. Richtig praktiziert sieht das dann so aus, dass es nicht zum Zwiegespräch kommt, sondern einer ganz die Rolle des Hörenden einnimmt und der andere ganz in der Rolle des Sprechenden sein darf. Ein anderes Mal werden dann die Rollen getauscht.
Sonntag, 9. August 2009
Jakobusbrief (3): Anlaß des Briefes
Ein offensichtlicher Anlass für die Abfassung des Briefes lässt sich nicht erkennen. Die Adressaten sind „die zwölf Stämme in der Diaspora“ – der Absender „Jakobus“ schreibt die Christusgläubigen als Angehörige des Volkes Israel an. Vom Zentrum Jerusalem aus richtet er seine Botschaft an alle in der weltweiten Peripherie, fern von der Heimat. Von dieser Adressatenangabe her ist davon auszugehen, dass die Inhalte des Briefes grundsätzlicher und allgemeiner Art sein wollen, die überall Sinn machen oder notwendig sind. Den Verfasser bewegen mehrere Themen, die von allen gehört werden müssen, damit sie nicht von der Wahrheit abirren. Irrwege möchte er aufdecken und an die Wahrheit erinnern: „Liebe Brüder, wenn einer bei euch von der Wahrheit abirrt und jemand ihn zur Umkehr bewegt, dann sollt ihr wissen: Wer einen Sünder, der auf Irrwegen ist, zur Umkehr bewegt, der rettet ihn vor dem Tod und deckt viele Sünden zu.“ Diese beiden Schlussverse (5,19-20) drücken eine grundsätzliche Motivation aus, die sicherlich auch den Autor bewegt hat.
In der Reihefolge ihres Erscheinens im Brief bewegen Jakobus folgende Themen und Probleme:
- „Versuchungen“ und ihre Deutung
- der Umgang mit der Differenz von Arm und Reich
- das Kommunikationsverhalten bei der Interaktion unter Anwesenden
- die Beziehung zwischen Hören und Tun, Glauben und Werken
- Reden und Schweigen
- Statuskämpfe und Rivalitäten unter den Gläubigen
- das Selbstverständnis von Reichen
- rituelle Handlungen angesichts von Leiden
Es ist leicht zu erkennen, dass dies Themen sind, die an fast jedem Ort und zu fast jeder Zeit eine Rolle spielen, wenn sich längerfristig angelegte religiöse Gemeinschaften bilden und sich regelmäßig treffen. Die Kritik an schwätzenden Intellektuellen und arroganten Bessergestellten fällt besonders ins Auge. Der blinde Fleck beider privilegierten Gruppen scheint das Nichtsehen der Not der Armen zu sein: ein Phänomen, das sich auch heute noch gut bei diesen beiden Milieus beobachten lässt, vor allem, wenn man selbst dazu gehört.
Insgesamt geht es Jakobus um die Einübung einer inneren Haltung und einer dieser entsprechenden Lebensführung, die Ausdruck des Erfülltseins mit der „Weisheit von oben her“ ist. Durch diese wird man mit veränderter Selbsterkenntnis die oben genannten Themen und Probleme angehen. Dabei greift Jakobus, ohne genauer darüber Rechenschaft abzulegen, auf viele Jesusworte zurück, die man aber nur dann erkennt, wenn man bereits mit ihnen vertraut ist und dann auch die Anspielung versteht.
In der Reihefolge ihres Erscheinens im Brief bewegen Jakobus folgende Themen und Probleme:
- „Versuchungen“ und ihre Deutung
- der Umgang mit der Differenz von Arm und Reich
- das Kommunikationsverhalten bei der Interaktion unter Anwesenden
- die Beziehung zwischen Hören und Tun, Glauben und Werken
- Reden und Schweigen
- Statuskämpfe und Rivalitäten unter den Gläubigen
- das Selbstverständnis von Reichen
- rituelle Handlungen angesichts von Leiden
Es ist leicht zu erkennen, dass dies Themen sind, die an fast jedem Ort und zu fast jeder Zeit eine Rolle spielen, wenn sich längerfristig angelegte religiöse Gemeinschaften bilden und sich regelmäßig treffen. Die Kritik an schwätzenden Intellektuellen und arroganten Bessergestellten fällt besonders ins Auge. Der blinde Fleck beider privilegierten Gruppen scheint das Nichtsehen der Not der Armen zu sein: ein Phänomen, das sich auch heute noch gut bei diesen beiden Milieus beobachten lässt, vor allem, wenn man selbst dazu gehört.
Insgesamt geht es Jakobus um die Einübung einer inneren Haltung und einer dieser entsprechenden Lebensführung, die Ausdruck des Erfülltseins mit der „Weisheit von oben her“ ist. Durch diese wird man mit veränderter Selbsterkenntnis die oben genannten Themen und Probleme angehen. Dabei greift Jakobus, ohne genauer darüber Rechenschaft abzulegen, auf viele Jesusworte zurück, die man aber nur dann erkennt, wenn man bereits mit ihnen vertraut ist und dann auch die Anspielung versteht.
Alison Krauss: A living prayer
Alison Krauss gehört zu den herausragenden Künstlerinnen derjenigen amerikanischen Countrymusic, die in der Tradition des Bluegrass steht. Sie ist nicht nur eine virtuose Geigerin, sondern hat sich seit ihrem ersten Album (1987) mittlerweile auch zu einer ausdrucksstarken Sängerin entwickelt. Das musikalische Konzept: Klarheit, musizieren in der Haltung "It´s not about me".
Der Text des gesungen Gebetes schlägt nahe am Herzen tiefster christlicher Spiritualität - angespielt wird auf Jesus Christus (Saviour), den Geist (another voice, He comforts me) und den Vater (the love the Father gives). Eine ganz enge Verbindung zwischen Mensch und Gott, ähnlich wie im 1. Johannesbrief, kommt zum Ausdruck, ein Geborgen sein in der Liebe Gottes angesichts der Beschwernisse des Lebens, und die innere Verwandlung durch die innewohnende Liebe Gottes zu einem Gebet für Gott.
In this world I walk alone
With no place to call my home
But there's one who holds my hand
The rugged road through barren lands
The way is dark, the road is steep
But He's become my eyes to see
The strength to climb, my griefs to bear
The Savior lives inside me there
In Your love I find release
A haven from my unbelief
Take my life and let me be
A living prayer, my God to Thee
In these trials of life I find
Another voice inside my mind
He comforts me and bids me live
Inside the love the Father gives
In Your love I find release
A haven from my unbelief
Take my life and let me be
A living prayer, my God to Thee
Take my life and let me be
A living prayer, my God to Thee
(vom Album: Alison Krauss and Union Station, "Lonely Runs Both Ways", Rounder 2004)
Der Text des gesungen Gebetes schlägt nahe am Herzen tiefster christlicher Spiritualität - angespielt wird auf Jesus Christus (Saviour), den Geist (another voice, He comforts me) und den Vater (the love the Father gives). Eine ganz enge Verbindung zwischen Mensch und Gott, ähnlich wie im 1. Johannesbrief, kommt zum Ausdruck, ein Geborgen sein in der Liebe Gottes angesichts der Beschwernisse des Lebens, und die innere Verwandlung durch die innewohnende Liebe Gottes zu einem Gebet für Gott.
In this world I walk alone
With no place to call my home
But there's one who holds my hand
The rugged road through barren lands
The way is dark, the road is steep
But He's become my eyes to see
The strength to climb, my griefs to bear
The Savior lives inside me there
In Your love I find release
A haven from my unbelief
Take my life and let me be
A living prayer, my God to Thee
In these trials of life I find
Another voice inside my mind
He comforts me and bids me live
Inside the love the Father gives
In Your love I find release
A haven from my unbelief
Take my life and let me be
A living prayer, my God to Thee
Take my life and let me be
A living prayer, my God to Thee
(vom Album: Alison Krauss and Union Station, "Lonely Runs Both Ways", Rounder 2004)
Samstag, 8. August 2009
Jakobusbrief (2): Beschreibungen der Gottesnähe
Jakobus ist zurückhaltend in der Beschreibung von starken Erfahrungen der Gottesnähe. Kein „in Christus sein“ wie bei Paulus, kein „wir in Gott und Gott in uns“ wie im 1. Johannesbrief. Gott ist im Himmel, als „Vater der Lichter“, bei dem Jesus Christus ist, „unser Herr der Herrlichkeit“. Im „unser“ deutet sich aber auch an, dass die Gläubigen, die Jakobus immer „die Brüder“ (Geschwister) nennt, mit ihm in Verbindung stehen. Wie nun kommt Gott nahe? Ich möchte vier wesentliche Erfahrungen herausheben.
1. Gott ist den Glaubenden nahe durch das „Wort der Wahrheit“: „Nach seinem Willen hat er uns (neu) geboren durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam die Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe seien“ (1,18). Dieses Wort ist in V.21 das „eingepflanzte Wort“, das die Macht hat, die Seele zu retten. Gott ist also in diesem Wort nahe, ein Wort, das erneuert und rettet. Was genau dieses Wort ist, verrät Jakobus nicht. Eine Parallele im 1. Petrusbrief ist da deutlicher: „Ihr seid wiedergeboren…durch das lebendige und bleibende Wort Gottes – Die ist das Wort, das unter euch verkündet wurde (euangelisthen). Die Anspielung auf das Evangelium ist hier offensichtlich, während für Jakobus das rettende Wort engstens verbunden ist mit dem Gesetz, und zwar mit dem „vollkommenen Gesetz der Freiheit“: „Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein…Wer aber hineinschaut ins vollkommene Gesetz der Freiheit und an ihm festhält, wer es nicht nur hört, um es wieder zu vergessen, sondern Täter des Worts ist, dieser wird selig sein in seinem Handeln.“ (V.22.25) Das Wort ist also Zuspruch und Anspruch zugleich, erneuert und nimmt zugleich in die Pflicht. Die Nähe des Wortes Gottes ist für Jakobus also nicht ohne das Gesetz zu haben, wenn es auch ein Gesetz der Freiheit ist. Warum „der Freiheit“? Sowohl in Kapitel 1,22-27 wie auch in 2,12-13 wird deutlich, dass Jakobus Freiheit und Barmherzigkeit zusammendenkt. Hat er hier von seinem Bruder Jesus gelernt? Mit Sicherheit. Jesus ging es um eine Praxis des Gesetzes, die zur Barmherzigkeit befreit. Frei ist der Mensch, der aus Barmherzigkeit handelt. Denn es sind die Armen in der Welt, die Gott erwählt hat (2,5-6). Darum sind wir Gott nahe, wenn wir in Barmherzigkeit den Armen nahe sind.
2. Gott schenkt „von oben her“ seine Weisheit. Diese „Weisheit von oben her“ (sophia anothen), die himmlische Weisheit, die von Gott selbst kommt, hat als Gabe zugleich eine ganz besondere Qualität. „Die Weisheit von oben her ist erstens heilig, dann friedfertig, freundlich, folgsam, voller Erbarmen und guter Früchte, unparteiisch, ohne Heuchelei.“ Das erinnert an die Frucht des Geistes Gottes, von der Paulus in Galater 5,22-23 spricht: „Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung.“ Die „Weisheit von oben“ kann also mit der Gabe des Geistes Gottes gleichgesetzt werden (zur Identität von Weisheit Gottes und Geist Gottes vgl. 1. Korinther 2,6-16). Gottes Nähe wird da erfahren, wo die Eigenschaften dieser „Weisheit von oben“ von Menschen gelebt und praktiziert werden.
3. Weise Menschen sind nach jüdischer Tradition Freunde Gottes. Sie lieben Gott. So kann auch Jakobus von den Gläubigen sprechen, die Gott „lieb haben“ (1,12; 2,5). Sie sind Gott nahe, weil sie Gottes guten Eigenschaften nahe sind. Die Freundschaft mit Gott wird indirekt in 4,4-5 thematisiert: „Wißt ihr nicht, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird zum Feind Gottes.“ Die Freundschaft mit Gott ist aber nicht Freundschaft unter Ebenbürtigen. Der Geist Gottes (4,5) befähigt Menschen dazu, die freundschaftliche Nähe Gottes zu erfahren. Aber nach Jakobus nur, indem man Gott gehorcht, sich im unterordnet (4,7). In Ehrfurcht, im Bewusstsein, Sünder zu sein, in Demut, dürfen sich die Menschen Gott nahen: „Naht euch Gott und er wird euch nahe kommen. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, ihr Menschen mit zwei Seelen.“ (4,8)
4. Jakobus ist schließlich mit allen anderen Aposteln der Überzeugung, dass die Ankunft des Herrn nahe ist (5,8), d.h. dass das barmherzige und zugleich strenge Gericht Gottes zeitlich nahe bevorsteht: „Siehe, der Richter steht vor der Tür!“ (5,9)
1. Gott ist den Glaubenden nahe durch das „Wort der Wahrheit“: „Nach seinem Willen hat er uns (neu) geboren durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam die Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe seien“ (1,18). Dieses Wort ist in V.21 das „eingepflanzte Wort“, das die Macht hat, die Seele zu retten. Gott ist also in diesem Wort nahe, ein Wort, das erneuert und rettet. Was genau dieses Wort ist, verrät Jakobus nicht. Eine Parallele im 1. Petrusbrief ist da deutlicher: „Ihr seid wiedergeboren…durch das lebendige und bleibende Wort Gottes – Die ist das Wort, das unter euch verkündet wurde (euangelisthen). Die Anspielung auf das Evangelium ist hier offensichtlich, während für Jakobus das rettende Wort engstens verbunden ist mit dem Gesetz, und zwar mit dem „vollkommenen Gesetz der Freiheit“: „Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein…Wer aber hineinschaut ins vollkommene Gesetz der Freiheit und an ihm festhält, wer es nicht nur hört, um es wieder zu vergessen, sondern Täter des Worts ist, dieser wird selig sein in seinem Handeln.“ (V.22.25) Das Wort ist also Zuspruch und Anspruch zugleich, erneuert und nimmt zugleich in die Pflicht. Die Nähe des Wortes Gottes ist für Jakobus also nicht ohne das Gesetz zu haben, wenn es auch ein Gesetz der Freiheit ist. Warum „der Freiheit“? Sowohl in Kapitel 1,22-27 wie auch in 2,12-13 wird deutlich, dass Jakobus Freiheit und Barmherzigkeit zusammendenkt. Hat er hier von seinem Bruder Jesus gelernt? Mit Sicherheit. Jesus ging es um eine Praxis des Gesetzes, die zur Barmherzigkeit befreit. Frei ist der Mensch, der aus Barmherzigkeit handelt. Denn es sind die Armen in der Welt, die Gott erwählt hat (2,5-6). Darum sind wir Gott nahe, wenn wir in Barmherzigkeit den Armen nahe sind.
2. Gott schenkt „von oben her“ seine Weisheit. Diese „Weisheit von oben her“ (sophia anothen), die himmlische Weisheit, die von Gott selbst kommt, hat als Gabe zugleich eine ganz besondere Qualität. „Die Weisheit von oben her ist erstens heilig, dann friedfertig, freundlich, folgsam, voller Erbarmen und guter Früchte, unparteiisch, ohne Heuchelei.“ Das erinnert an die Frucht des Geistes Gottes, von der Paulus in Galater 5,22-23 spricht: „Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung.“ Die „Weisheit von oben“ kann also mit der Gabe des Geistes Gottes gleichgesetzt werden (zur Identität von Weisheit Gottes und Geist Gottes vgl. 1. Korinther 2,6-16). Gottes Nähe wird da erfahren, wo die Eigenschaften dieser „Weisheit von oben“ von Menschen gelebt und praktiziert werden.
3. Weise Menschen sind nach jüdischer Tradition Freunde Gottes. Sie lieben Gott. So kann auch Jakobus von den Gläubigen sprechen, die Gott „lieb haben“ (1,12; 2,5). Sie sind Gott nahe, weil sie Gottes guten Eigenschaften nahe sind. Die Freundschaft mit Gott wird indirekt in 4,4-5 thematisiert: „Wißt ihr nicht, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist? Wer der Welt Freund sein will, der wird zum Feind Gottes.“ Die Freundschaft mit Gott ist aber nicht Freundschaft unter Ebenbürtigen. Der Geist Gottes (4,5) befähigt Menschen dazu, die freundschaftliche Nähe Gottes zu erfahren. Aber nach Jakobus nur, indem man Gott gehorcht, sich im unterordnet (4,7). In Ehrfurcht, im Bewusstsein, Sünder zu sein, in Demut, dürfen sich die Menschen Gott nahen: „Naht euch Gott und er wird euch nahe kommen. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, ihr Menschen mit zwei Seelen.“ (4,8)
4. Jakobus ist schließlich mit allen anderen Aposteln der Überzeugung, dass die Ankunft des Herrn nahe ist (5,8), d.h. dass das barmherzige und zugleich strenge Gericht Gottes zeitlich nahe bevorsteht: „Siehe, der Richter steht vor der Tür!“ (5,9)
Geistliche Übungen (4): Zuspruch hören
Die klassische Formulierung "Geistliche Übungen" für Praktiken spirituellen Lebens suggeriert, dass man etwas tun muss, sich anstrengen muss, wie sich das für eine Übung gehört. Üben tut man in der Schule, beim Musikinstrument spielen, im Sport ("Turnübung"). Kann man auch etwas Unanstrengendes in spiritueller Hinsicht tun? Ja, das ist gerade die evangelische frohe Botschaft. Nämlich Zuspruch hören, sich von Gott etwas Gutes sagen lassen, was tröstend und entlastend ist. Das kann in jeder Situation etwas anderes sein. Such Dir aus, welcher Zuspruch von Gott dir gut tut (darunter sind auch Sätze, die ich gerade brauche):
Du hast genug getan!
Du bist einzigartig!
Sei, der/die du bist!
Du wirst es schaffen!
Du kannst etwas verändern!
Du musst nichts verändern!
Dein Leben ist bis heute schon reich und erfüllt!
Deine Schuld ist dir vergeben!
Ich freue mich über die Gaben und Fähigkeiten, die du lebst und pflegst!
Ich liebe dich!
Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!
Ich freue mich, dass du zu mir nach Hause gekommen bist!
Du bist frei!
Ich trage dich, auch wenn du es nicht fühlst!
....
Was könnte noch ein Zuspruch sein?
(Post angeregt durch eine Predigt von Michael)
Du hast genug getan!
Du bist einzigartig!
Sei, der/die du bist!
Du wirst es schaffen!
Du kannst etwas verändern!
Du musst nichts verändern!
Dein Leben ist bis heute schon reich und erfüllt!
Deine Schuld ist dir vergeben!
Ich freue mich über die Gaben und Fähigkeiten, die du lebst und pflegst!
Ich liebe dich!
Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!
Ich freue mich, dass du zu mir nach Hause gekommen bist!
Du bist frei!
Ich trage dich, auch wenn du es nicht fühlst!
....
Was könnte noch ein Zuspruch sein?
(Post angeregt durch eine Predigt von Michael)
Freitag, 7. August 2009
Das jüdische Kaddisch-Gebet
"Erhoben und geheiligt werde sein großer Name auf der Welt, die nach seinem Willen von Ihm erschaffen wurde - sein Reich soll in eurem Leben in den eurigen Tagen und im Leben des ganzen Hauses Israel schnell und in nächster Zeit erstehen. Und wir sprechen: Amein! Sein großer Name sei gepriesen in Ewigkeit und Ewigkeit der Ewigkeiten. Gepriesen sei und gerühmt, verherrlicht, erhoben, erhöht, gefeiert, hocherhoben und gepriesen sei Name des Heiligen, gelobt sei er, hoch über jedem Lob und Gesang, Verherrlichung und Trostverheißung, die je in der Welt gsprochen wurde, sprechet Amein! Fülle des Friedens und Leben möge vom Himmel herab uns und ganz Israel zuteil werden, sprechet Amein. Der Frieden stiftet in seinen Himmelshöhen, stifte Frieden unter uns und ganz Israel, sprechet Amein."
(Text nach http://www.webportal-judentum.net/cms/kaddisch.html)
Das Kaddisch (Qaddish, Kaddish) ist eines der ältesten Gebete der jüdischen Liturgie, ursprünglich in aramäisch verfasst. Die oben zitierte Kurzform, „halbes” Kaddisch genannt, beendet jeden Teil des Gottesdienstes und wird am Sabbat nach der Lesung aus der Tora ( 5 Bücher Mose) in der Synagoge gesprochen. Vieles spricht dafür, dass Jesus mit Vorformen dieses Gebetes oder zumindest ähnlichen Gebeten vertraut war. Er wird offensichtlich, dass er das Vater-Unser aus jüdischer Gebetstradition heraus formuliert hat.
(Text nach http://www.webportal-judentum.net/cms/kaddisch.html)
Das Kaddisch (Qaddish, Kaddish) ist eines der ältesten Gebete der jüdischen Liturgie, ursprünglich in aramäisch verfasst. Die oben zitierte Kurzform, „halbes” Kaddisch genannt, beendet jeden Teil des Gottesdienstes und wird am Sabbat nach der Lesung aus der Tora ( 5 Bücher Mose) in der Synagoge gesprochen. Vieles spricht dafür, dass Jesus mit Vorformen dieses Gebetes oder zumindest ähnlichen Gebeten vertraut war. Er wird offensichtlich, dass er das Vater-Unser aus jüdischer Gebetstradition heraus formuliert hat.
Jakobusbrief (1): Gott im Jakobusbrief
Auf welche besondere Gotteserkenntnis ist die Spiritualität im Jakobusbrief bezogen?
1. Jakobus legt besonderen Wert darauf, dass Gott nur mit Gutem in Verbindung gebracht wird. Gott schenkt gerne, und alles, was er schenkt, ist gut:
„Gott gibt allen gern“ (1,5)
„Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemanden.“ (1,13)
„Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt.“ (1,17)
Zwei Gaben sind besonders wichtig: Gott hat die Glaubenden (neu) geboren durch sein Wort der Wahrheit; er hat es in sie gepflanzt (1,18.21). Den Glaubenden möchte Gott die Weisheit von oben schenken (1,5; 3,17-18).
2. An vielen Stellen spricht Jakobus schlicht von „Gott“. Gott ist der „Vater“ (1,27). An der Seite Gottes steht der „Herr Jesus Christus (1,2), der „Herr der Herrlichkeit“ (2,1), oder einfach der „Herr“ (1,7). In 3,9 ist Gott „Herr und Vater“, in 5,4 wird die Anrede „der Herr Zebaoth“ aus Jesaja 5,9 zitiert. Die Bezeichungen sind also auswechselbar, alle bezeichnen Gott im Vollsinn. Das zeigt, dass Jesus Christus als der „Herr“ ganz auf die Seite Gottes, des Vaters gehört. Gott ist einer, Gesetzgeber und Richter, der die Macht hat zu retten und zu verurteilen (4,12). Damit sind zwei zentrale Eigenschaften Gottes benannt: Gott ist Gesetzgeber und Richter.
3. Von Gott stammt das „vollkommene Gesetz der Freiheit“ (1,25, 2,12) und das "königliche Gesetz" der Nächstenliebe (2,8), aber auch alle anderen moralischen Gesetze, an denen sich die sittliche Lebensführung zu orientieren hat (2,11; 4,11).
4. Indirekt ist von Gott die Rede, wenn Jakobus das zukünftige Gericht betont (2,12-13, 3,1). Vor allem „der Herr“ ist der Richter, der bald kommen wird (5,7-8), ja als Richter schon vor der Tür steht (5,9). Hier ist Jesus Christus gemeint. Maßstab des Gerichts ist das „Gesetz der Freiheit“, das sich an der getanen Barmherzigkeit orientiert (2,12-13). Als Richter ist Gott einerseits „voll Erbarmen und Mitleid“ (5,11), andererseits gegenüber den Unbarmherzigen „erbarmungslos“ (2,13). Offensichtlich ist das für Jakobus kein Widerspruch zu Punkt 1 oben. Ich habe den Eindruck, dass für Jakobus Gott in der Gegenwart nur gute Gaben schenkt, böse Taten nicht gleich bestraft, sondern zulässt, aber dann im nahe bevorstehenen Gericht das Böse schließlich vergelten wird: aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. In der Gegenwart, jetzt, sollen sich die Menschen dem schenkenden, rettenden Gott zuwenden und sich mit seiner Weisheit erfüllen lassen.
1. Jakobus legt besonderen Wert darauf, dass Gott nur mit Gutem in Verbindung gebracht wird. Gott schenkt gerne, und alles, was er schenkt, ist gut:
„Gott gibt allen gern“ (1,5)
„Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemanden.“ (1,13)
„Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Lichter, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt.“ (1,17)
Zwei Gaben sind besonders wichtig: Gott hat die Glaubenden (neu) geboren durch sein Wort der Wahrheit; er hat es in sie gepflanzt (1,18.21). Den Glaubenden möchte Gott die Weisheit von oben schenken (1,5; 3,17-18).
2. An vielen Stellen spricht Jakobus schlicht von „Gott“. Gott ist der „Vater“ (1,27). An der Seite Gottes steht der „Herr Jesus Christus (1,2), der „Herr der Herrlichkeit“ (2,1), oder einfach der „Herr“ (1,7). In 3,9 ist Gott „Herr und Vater“, in 5,4 wird die Anrede „der Herr Zebaoth“ aus Jesaja 5,9 zitiert. Die Bezeichungen sind also auswechselbar, alle bezeichnen Gott im Vollsinn. Das zeigt, dass Jesus Christus als der „Herr“ ganz auf die Seite Gottes, des Vaters gehört. Gott ist einer, Gesetzgeber und Richter, der die Macht hat zu retten und zu verurteilen (4,12). Damit sind zwei zentrale Eigenschaften Gottes benannt: Gott ist Gesetzgeber und Richter.
3. Von Gott stammt das „vollkommene Gesetz der Freiheit“ (1,25, 2,12) und das "königliche Gesetz" der Nächstenliebe (2,8), aber auch alle anderen moralischen Gesetze, an denen sich die sittliche Lebensführung zu orientieren hat (2,11; 4,11).
4. Indirekt ist von Gott die Rede, wenn Jakobus das zukünftige Gericht betont (2,12-13, 3,1). Vor allem „der Herr“ ist der Richter, der bald kommen wird (5,7-8), ja als Richter schon vor der Tür steht (5,9). Hier ist Jesus Christus gemeint. Maßstab des Gerichts ist das „Gesetz der Freiheit“, das sich an der getanen Barmherzigkeit orientiert (2,12-13). Als Richter ist Gott einerseits „voll Erbarmen und Mitleid“ (5,11), andererseits gegenüber den Unbarmherzigen „erbarmungslos“ (2,13). Offensichtlich ist das für Jakobus kein Widerspruch zu Punkt 1 oben. Ich habe den Eindruck, dass für Jakobus Gott in der Gegenwart nur gute Gaben schenkt, böse Taten nicht gleich bestraft, sondern zulässt, aber dann im nahe bevorstehenen Gericht das Böse schließlich vergelten wird: aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. In der Gegenwart, jetzt, sollen sich die Menschen dem schenkenden, rettenden Gott zuwenden und sich mit seiner Weisheit erfüllen lassen.
Kriton - eine Erzählung (4)
Im 7. Jahr des Claudius hielt er sich längere Zeit in Korinth auf. Gallio, der ältere Bruder des Philosophen Seneca, war damals Statthalter der Provinz Achaia. Dort geschah etwas Eigenartiges. Er war nach seiner Gepflogenheit regelmäßig in die Hauptsynagoge gegangen, deren Vorsteher Krispus war. Eines Sabbatnachmittags erklärte dieser Krispus, dass er sein Amt niederlegen werde und von nun an nur noch zur Gemeinde der Messiasgläubigen gehen werde. Sie versammle sich nebenan im Hause des Titius Justus, und jeder sei eingeladen, es wie er zu tun. Er habe sich taufen lassen zur Vergebung der Sünden und gehöre jetzt zur Gemeinschaft im Herrn Jesus. Wieder war Kriton dieser Jesus begegnet. Und diesmal spürte er in sich unversehens eine Hoffnung keimen, eine Antwort auf das Rätsel seines Lebens zu finden. Am nächsten Sabbatnachmittag besuchte er die Jesusgläubigen in ihrem Gottesdienst. Mit einem Kuß wurde er begrüßt. Es wurden Hymnen auf den Herrn gesungen. Etwa 50 Menschen, auffällig viele Frauen, und noch überraschender Juden und Heiden saßen zusammen und völlig gemischt auf den Bänken an den vier Wänden eines großen Kultraumes. Aber der Götteraltar fehlte. Nach dem Gesang und Gebeten wurde ein großer Tisch in den Raum getragen und vorbereitetes Essen wurde aufgetafelt. Alle aßen miteinander, Juden und Heiden. Kriton machte einfach mit. Es war wie vor 22 Jahren in Galiläa, als er das Brot aß, das die Anhänger Jesu verteilt hatten. Ihm war es, als ob der Geist Jesu hier wieder anwesend war. Der gleiche Frieden, die gleiche Freude, die gleiche Achtung und Wertschätzung untereinander. (Ihm waren zu der Zeit die starken Konflikte in Korinth noch nicht bekannt). Zum Ende des Mahles stand ein mittelgroßer älterer Mann auf, begann zu sprechen, und es wurde sehr still:
„Meine geliebten Brüder und Schwestern! Freut euch immerzu, mit der Freude, die vom Herrn kommt. Noch einmal sage ich euch: Freut euch! Alle sollen sehen, wie freundlich und gütig ihr zueinander seid. Der Herr kommt bald. Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Dann wird der Frieden Gottes, der alles menschliche Begreifen weit übersteigt, euer Denken und Wollen mit Guten bewahren, geborgen in der Gemeinschaft mit Christus.
Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was ihr in Jesus Christus seid: Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben dieser Menschen (Kriton erinnerte sich an die Szene in Galiläa vor über 20 Jahren am See Genezareth). Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, den Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt. Dieser Jesus hat uns den Weg des Glaubens und den Zugang zur Gnade Gottes eröffnet, in der wir jetzt festen Stand haben.
Wie sehr uns Gott liebt, beweist er uns damit, dass Christus für uns starb, als wir noch seine Feinde waren. Und nun seid ihr mit Gott durch Christus verbunden: Ihr wisst doch, was mit euch geschehen ist, als ihr getauft wurdet. Wir alle, die in Jesus Christus hinein getauft wurden, sind damit in seinen Tod hineingetauft. Und wie Christus durch die Macht Gottes vom Tod auferweckt wurde, hat er auch euch ein neues Leben geschenkt, in dem ihr nun auch leben sollt. Ihr alle seid jetzt mündige Söhne und Töchter Gottes, weil ihr durch den Glauben in engster Gemeinschaft mit Jesus Christus verbunden seid. Denn als ihr in der Taufe Christus übereignet wurdet, habt ihr Christus angezogen wie ein Gewand. Es hat darum auch nichts mehr zu sagen, ob ein Mensch Jude ist oder Nichtjude, ob im Sklavenstand oder frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle ein neuer Mensch geworden. Und ich bin sicher, dass Gott, der dieses gute Werk in euch begonnen hat, es auch treu vollenden wird bis zum Tage Christi. So liebt nun einander. Helft einander, eure Lasten zu tragen. Freut euch immerzu. Lasst nicht nach im Beten. Dankt Gott in jeder Lebenslage. Das will Gott von euch, die ihr mit Jesus Christus verbunden seid. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch, Amen.“
Die Anwesenden stimmten laut in dieses Amen ein. Kriton war verstummt. Er konnte nichts sagen. Er nahm die Verabschiedungen fast teilnahmslos entgegen, fast wie in Trance. Er fand irgendwie den Weg zu seinem Gasthaus, und saß dann einfach auf seiner Liege. Wie Widerhaken, wie Enterhaken krallten sich die Worte dieses Paulus in seinem Bewusstsein fest. Sie schleuderten es in eine neue Wirklichkeit. Es war, als ob eine Decke, die tagelang seine Augen vor dem Sonnenlicht getrennt hatte, beiseite genommen wurde. Hellstes, strömendes Licht überflutete seine Seele. Er glühte innerlich und hatte das Empfinden, ein Feuerball voll Erkenntnis und Freude geworden zu sein.
In der nächsten Versammlung der Jesusgläubigen rief er vor der versammelten Gemeinde aus: „Wahrhaftig, Gott ist mitten unter euch.“ Und dann betete er vor allen: „Gott, du bist die Liebe, du bist der Vater aller Menschen. Du schaffst es, dass das Getrennte zueinander findet. Das Mahl deines Sohnes verbindet alle Menschen. Du bist in den Schwachen mächtig. Du heilst die Einsamkeit, du erhebst die Seele, du verbindest die Menschen im gemeinsamen Mahl.“ Alle freuten sich und schlossen ihn in die Arme. Kriton ließ sich kurz danach taufen. Er hatte eine neue Heimat gefunden, die Gemeinschaft derer, die Gottes Herz durch dessen Sohn gefunden haben. Kriton erkannte den Gott Israels in seinem Wesen, vielmehr, sah sich durch ihn erkannt und erleuchtet. - - -
„Meine geliebten Brüder und Schwestern! Freut euch immerzu, mit der Freude, die vom Herrn kommt. Noch einmal sage ich euch: Freut euch! Alle sollen sehen, wie freundlich und gütig ihr zueinander seid. Der Herr kommt bald. Macht euch keine Sorgen, sondern wendet euch in jeder Lage an Gott und bringt eure Bitten vor ihn. Dann wird der Frieden Gottes, der alles menschliche Begreifen weit übersteigt, euer Denken und Wollen mit Guten bewahren, geborgen in der Gemeinschaft mit Christus.
Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was ihr in Jesus Christus seid: Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben dieser Menschen (Kriton erinnerte sich an die Szene in Galiläa vor über 20 Jahren am See Genezareth). Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, dass er sogar den Tod auf sich nahm, den Tod am Kreuz. Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt. Dieser Jesus hat uns den Weg des Glaubens und den Zugang zur Gnade Gottes eröffnet, in der wir jetzt festen Stand haben.
Wie sehr uns Gott liebt, beweist er uns damit, dass Christus für uns starb, als wir noch seine Feinde waren. Und nun seid ihr mit Gott durch Christus verbunden: Ihr wisst doch, was mit euch geschehen ist, als ihr getauft wurdet. Wir alle, die in Jesus Christus hinein getauft wurden, sind damit in seinen Tod hineingetauft. Und wie Christus durch die Macht Gottes vom Tod auferweckt wurde, hat er auch euch ein neues Leben geschenkt, in dem ihr nun auch leben sollt. Ihr alle seid jetzt mündige Söhne und Töchter Gottes, weil ihr durch den Glauben in engster Gemeinschaft mit Jesus Christus verbunden seid. Denn als ihr in der Taufe Christus übereignet wurdet, habt ihr Christus angezogen wie ein Gewand. Es hat darum auch nichts mehr zu sagen, ob ein Mensch Jude ist oder Nichtjude, ob im Sklavenstand oder frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle ein neuer Mensch geworden. Und ich bin sicher, dass Gott, der dieses gute Werk in euch begonnen hat, es auch treu vollenden wird bis zum Tage Christi. So liebt nun einander. Helft einander, eure Lasten zu tragen. Freut euch immerzu. Lasst nicht nach im Beten. Dankt Gott in jeder Lebenslage. Das will Gott von euch, die ihr mit Jesus Christus verbunden seid. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch, Amen.“
Die Anwesenden stimmten laut in dieses Amen ein. Kriton war verstummt. Er konnte nichts sagen. Er nahm die Verabschiedungen fast teilnahmslos entgegen, fast wie in Trance. Er fand irgendwie den Weg zu seinem Gasthaus, und saß dann einfach auf seiner Liege. Wie Widerhaken, wie Enterhaken krallten sich die Worte dieses Paulus in seinem Bewusstsein fest. Sie schleuderten es in eine neue Wirklichkeit. Es war, als ob eine Decke, die tagelang seine Augen vor dem Sonnenlicht getrennt hatte, beiseite genommen wurde. Hellstes, strömendes Licht überflutete seine Seele. Er glühte innerlich und hatte das Empfinden, ein Feuerball voll Erkenntnis und Freude geworden zu sein.
In der nächsten Versammlung der Jesusgläubigen rief er vor der versammelten Gemeinde aus: „Wahrhaftig, Gott ist mitten unter euch.“ Und dann betete er vor allen: „Gott, du bist die Liebe, du bist der Vater aller Menschen. Du schaffst es, dass das Getrennte zueinander findet. Das Mahl deines Sohnes verbindet alle Menschen. Du bist in den Schwachen mächtig. Du heilst die Einsamkeit, du erhebst die Seele, du verbindest die Menschen im gemeinsamen Mahl.“ Alle freuten sich und schlossen ihn in die Arme. Kriton ließ sich kurz danach taufen. Er hatte eine neue Heimat gefunden, die Gemeinschaft derer, die Gottes Herz durch dessen Sohn gefunden haben. Kriton erkannte den Gott Israels in seinem Wesen, vielmehr, sah sich durch ihn erkannt und erleuchtet. - - -
Donnerstag, 6. August 2009
Gott ist unendlich gut
Eben habe ich ein Probeheft der Zeitschrift "Geist und Leben" (Zeitschrift für christliche Spiritualität)erhalten und lese dort die Aussage eines blinden Mönches, die er im Film "Die große Stille" äußert. Sie passt sehr gut zu dem, was ich im Jakobusbrief (zum Gottesbild und zur Spiritualität im Jak) entdeckt habe und bald posten möchte:
"Wenn Gott uns sieht, sieht er schon unser gesamtes Leben. Und deshalb...weil er ein unendlich gutes Wesen ist, sucht er immer unser Wohl. Daher muss man sich über nichts, was uns widerfährt, Sorgen machen!...Man muss immer vom Prinzip ausgehen, dass Gott unendlich gut ist und alles, was er tut, zu unserem Besten ist. Deshalb sollte man immer glücklich sein. Ein Christ sollte niemals traurig sein. Denn alles, was ihm widerfährt, ist der Wille Gottes und geschieht zum Wohle seiner Seele. Das ist das Entscheidende für uns. Gott ist unendlich gut, allmächtig, und er hilft uns. Man muss nur das tun...und dann ist man glücklich." (Geist und Leben 2/2006, S. 153)
Die Aussage ist tief beeindruckend und doch möchte ich ihr auch widersprechen. Aber: es ist ein Bekenntnis, ein Zeugnis, das gehört werden will.
"Wenn Gott uns sieht, sieht er schon unser gesamtes Leben. Und deshalb...weil er ein unendlich gutes Wesen ist, sucht er immer unser Wohl. Daher muss man sich über nichts, was uns widerfährt, Sorgen machen!...Man muss immer vom Prinzip ausgehen, dass Gott unendlich gut ist und alles, was er tut, zu unserem Besten ist. Deshalb sollte man immer glücklich sein. Ein Christ sollte niemals traurig sein. Denn alles, was ihm widerfährt, ist der Wille Gottes und geschieht zum Wohle seiner Seele. Das ist das Entscheidende für uns. Gott ist unendlich gut, allmächtig, und er hilft uns. Man muss nur das tun...und dann ist man glücklich." (Geist und Leben 2/2006, S. 153)
Die Aussage ist tief beeindruckend und doch möchte ich ihr auch widersprechen. Aber: es ist ein Bekenntnis, ein Zeugnis, das gehört werden will.
Mittwoch, 5. August 2009
Klatschmohn im Kornfeld
Kriton - eine Erzählung (3)
Ein Jahr später war Kriton wieder in Jerusalem, nachdem er geheiratet hatte und sein Vater ihm und seiner jungen Frau ein „Hochzeitsjahr“ ermöglicht hatte. Es war Sommer und heiß wie in Alexandria, aber die Luft auf den Bergen Judäas blies angenehm trocken. Wie üblich besuchte er am Sabbat die alexandrinische Synagoge, nachdem er erfolgreiche Geschäfte hatte abschließen können. Nach der Lesung in der Synagoge stand ein Mann auf und erklärte: „In der Vollmacht des Herrn verkündige ich euch heute: Jesus ist der Herr.“ Kriton runzelte die Stirn. Sprach dieser Mann von dem Jesus, dem er vor einem Jahr begegnet war? Und wenn ja, wie konnte er ihn als Herr, also als Gott bezeichnen? Kriton spitzte die Ohren: „Ihr habt eben das Wort der Tora gehört, dass Gott in keinem von Menschen gebauten Tempel wohnt. Jesus hat vor seinem Tod prophezeit: Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen. Jesus wurde beim diesjährigen Passahfest gekreuzigt, und nach drei Tagen haben ihn seine Jünger und viele von uns wieder gesehen. Er ist von den Toten auferstanden! Damit hat sich sein Wort erfüllt. Er selbst ist der Tempel Gottes! Vergesst den Tempel hier in Jerusalem, der mit Händen gebaut ist. Vergebung eurer Sünden empfangt ihr nicht im Tempel, sondern wenn ihr in den Tempel eintretet, der Jesus ist. Gott wohnt in Jesus, das bezeugen wir. Durch seinen Tod ist er für unsere Sünden gestorben und durch seine Auferstehung hat ihn Gott der Vater zum Herrn, zum Messias, zum Christus eingesetzt. Kehrt um, und glaubt an ihn. Stimmt ein in das Bekenntnis: Jesus ist der Herr, Jesus ist der Christus, so werdet ihr gerettet.“ Das Murmeln in der Synagoge wurde immer lauter und nach diesem Satz schlug es in Empörung, aber auch Zustimmung um. Die Versammelten riefen durcheinander: „Schweig, Gotteslästerer, Tempelzerstörer.“ Andere riefen aber: „Jesus ist der Herr.“
So etwas hatte Kriton noch nicht erlebt. Was war hier los in Jerusalem? In Alexandria hielt man den Tempel zwar auch nicht für so wichtig wie die Tora, aber hier stand ein Mensch mit Namen Jesus, der für den Messias gehalten wurde, im Mittelpunkt der Schriftauslegung. Über so etwas hatte er noch nie nachgedacht. War nicht Mose der Mittler zwischen Gottes Willen und dem jüdischen Volk? Diese Leute aber meinten, Jesus sei der neue Mittler. Kriton verließ die Synagoge und mit wachsender Distanz machte er sich einen Reim darauf. Diese von Jesus verlassenen Juden waren fanatisiert, sie versuchten, ihren enttäuschten Glauben aufrechtzuerhalten. Aus einem echten Messias machten sie einen machtlosen, rein geistigen Messias. Eine kurze Begeisterung für einen unglücklich Verstorbenen, die wohl kaum länger anhalten wird, dachte er damals.
Sein Vater starb im folgenden Winter und darum war Kriton die nächsten Jahre in Alexandria festgebunden. Er besuchte gerne eine Synagoge, in der ein Weisheitslehrer namens Philo die Tora auslegte. Es sprach ihn an, wenn Philo den Tiefensinn der Tora aufdeckte. So zeigte dieser Gelehrte auf, dass Sara die göttliche Weisheit sei und Abraham ihr Schüler. Wenn er mit der Weisheit verkehre, zeuge er mit ihr das Lachen, die Freude der Erleuchtung, Isaak genannt. Philo richtete seine Frömmigkeit ganz auf Gott aus, den Unerkennbaren, von dem man nur wissen konnte, dass er ist, aber nicht, wer er in seinem Wesen ist. Kriton kam bei Philo zur Überzeugung, dass die Tora aller griechischen Weisheit überlegen sei, auch einem Platon oder Sokrates. Mose hatte all das, was diese großen Hellenen geschrieben hatten, schon viel früher verschlüsselt in der Tora aufgeschrieben. Kriton meditierte häufig in der Synagoge Philos, und das half ihm, den anstrengenden Arbeitsalltag zu bewältigen.
Dann aber schlug das Schicksal unbarmherzig zu. Im 2. Jahr des Caligula brach der Zorn der Ägypter und Hellenen über die Juden in Alexandria herein. Sie neideten ihnen ihren Wohlstand und ihre Festigkeit im Glauben. In einem Massaker töteten sie Tausende, Kriton überlebte, jedoch nicht seine Mutter, seine Frau und seine Kinder. Der Pogrom dauerte mehrere Tage an, und die römischen Soldaten griffen nicht zum Schutz der Juden ein, obwohl dies ihre Pflicht war. Es war grauenhaft. Erst nach Tagen legte sich der Zorn der Heiden.
Wie konnte Gott das zulassen? Gab es überhaupt seine Vorsehung? Warum hatte er überlebt? So fragte Kriton. Seine innere Ruhe der Jahre vorher war dahin. Er wurde wieder ein Reisender, und besuchte die großen Städte des Römischen Reiches. An Wohlstand und Reichtum lag ihm nicht mehr. Er wurde ein rastloser Händler, um den Schmerz und die Trauer zu verdrängen. Gott blieb ihm fern. Trost spendete ihm allein das Buch des Predigers, das Sätze enthielt wie „Völlig sinnlos ist alles, völlig sinnlos. Was auch geschieht, es hat keinen Sinn. Der Mensch müht und plagt sich sein Leben und was hat er davon?“ Die Sabbatgottesdienste ließ er an sich vorüberziehen, aber Gott sprach nicht mehr zu ihm und Kriton verlangte nicht mehr nach ihm.
So etwas hatte Kriton noch nicht erlebt. Was war hier los in Jerusalem? In Alexandria hielt man den Tempel zwar auch nicht für so wichtig wie die Tora, aber hier stand ein Mensch mit Namen Jesus, der für den Messias gehalten wurde, im Mittelpunkt der Schriftauslegung. Über so etwas hatte er noch nie nachgedacht. War nicht Mose der Mittler zwischen Gottes Willen und dem jüdischen Volk? Diese Leute aber meinten, Jesus sei der neue Mittler. Kriton verließ die Synagoge und mit wachsender Distanz machte er sich einen Reim darauf. Diese von Jesus verlassenen Juden waren fanatisiert, sie versuchten, ihren enttäuschten Glauben aufrechtzuerhalten. Aus einem echten Messias machten sie einen machtlosen, rein geistigen Messias. Eine kurze Begeisterung für einen unglücklich Verstorbenen, die wohl kaum länger anhalten wird, dachte er damals.
Sein Vater starb im folgenden Winter und darum war Kriton die nächsten Jahre in Alexandria festgebunden. Er besuchte gerne eine Synagoge, in der ein Weisheitslehrer namens Philo die Tora auslegte. Es sprach ihn an, wenn Philo den Tiefensinn der Tora aufdeckte. So zeigte dieser Gelehrte auf, dass Sara die göttliche Weisheit sei und Abraham ihr Schüler. Wenn er mit der Weisheit verkehre, zeuge er mit ihr das Lachen, die Freude der Erleuchtung, Isaak genannt. Philo richtete seine Frömmigkeit ganz auf Gott aus, den Unerkennbaren, von dem man nur wissen konnte, dass er ist, aber nicht, wer er in seinem Wesen ist. Kriton kam bei Philo zur Überzeugung, dass die Tora aller griechischen Weisheit überlegen sei, auch einem Platon oder Sokrates. Mose hatte all das, was diese großen Hellenen geschrieben hatten, schon viel früher verschlüsselt in der Tora aufgeschrieben. Kriton meditierte häufig in der Synagoge Philos, und das half ihm, den anstrengenden Arbeitsalltag zu bewältigen.
Dann aber schlug das Schicksal unbarmherzig zu. Im 2. Jahr des Caligula brach der Zorn der Ägypter und Hellenen über die Juden in Alexandria herein. Sie neideten ihnen ihren Wohlstand und ihre Festigkeit im Glauben. In einem Massaker töteten sie Tausende, Kriton überlebte, jedoch nicht seine Mutter, seine Frau und seine Kinder. Der Pogrom dauerte mehrere Tage an, und die römischen Soldaten griffen nicht zum Schutz der Juden ein, obwohl dies ihre Pflicht war. Es war grauenhaft. Erst nach Tagen legte sich der Zorn der Heiden.
Wie konnte Gott das zulassen? Gab es überhaupt seine Vorsehung? Warum hatte er überlebt? So fragte Kriton. Seine innere Ruhe der Jahre vorher war dahin. Er wurde wieder ein Reisender, und besuchte die großen Städte des Römischen Reiches. An Wohlstand und Reichtum lag ihm nicht mehr. Er wurde ein rastloser Händler, um den Schmerz und die Trauer zu verdrängen. Gott blieb ihm fern. Trost spendete ihm allein das Buch des Predigers, das Sätze enthielt wie „Völlig sinnlos ist alles, völlig sinnlos. Was auch geschieht, es hat keinen Sinn. Der Mensch müht und plagt sich sein Leben und was hat er davon?“ Die Sabbatgottesdienste ließ er an sich vorüberziehen, aber Gott sprach nicht mehr zu ihm und Kriton verlangte nicht mehr nach ihm.
Dienstag, 4. August 2009
Gefühle (2): Liebe zu Gott
Im Buch „Philosophie der Gefühle“ wagen sich Christoph Demmerling und Hilge Landweer auch an eine phänomenologische Beschreibung der Liebe zu Gott (154-156). Einige Highlights möchte ich gerne zitieren und mit einigen Beispielen aus der Bibel ergänzen.
„Das…Kriterium, dass der Liebe das Bestreben eigentümlich ist, dem Objekt der Liebe nahe sein zu wollen, gilt sicherlich auch für die Liebe der Gläubigen zu Gott. Das Kriterium, dass Liebe auf etwas gerichtet ist, was dem Liebenden fehlt und wonach er sich sehnt, gilt ebenfalls für die Gottesliebe…Begehrt wird in der Liebe der Menschen zu Gott nicht mehr uns nicht weniger als die Teilhabe am Göttlichen, an dem, was den Menschen entweder ganz fehlt oder dessen sie jedenfalls nicht dauerhaft teilhaftig sein können, wonach sie sich aber sehnen.“ (155)
Paulus möchte Christus „erkennen“ und mit diesem Erkennen ist sicherlich ein liebendes Erkennen gemeint, das zu engster Lebensgemeinschaft mit Christus führt (Philipper 3,7-11). Sein größter Wunsch ist es, aufzubrechen und „mit Christus zu sein.“ (Philipper 1,23)
„Als ein weiteres Kriterium für die Liebe im Vollsinn hatten wir den Kontakt mit dem Objekt der Liebe, das Involviert-Sein in gemeinsame Situationen, genannt….Bei der Liebe der Gläubigen zu Gott kann man sicherlich sagen, dass mit der Nähe zu ihm auch gemeinsame Situationen angestrebt werden, dass Gläubige sich Gott etwa im Gebet nahe fühlen und hoffen, durch das Gebet erhört zu werden.“ (155)
Gutes Beispiel dafür ist 1. Johannes 5,14-15.
„Der Gläubige weiß sich von Gott geliebt, aber auch er liebt ihn nicht deswegen, als eine Art Gegenleistung, sondern darum, weil Gott derjenige ist, der er ist – er liebt ihn um seiner selbst willen. Das gleiche gilt für die Liebe von Gott zu den Menschen; auch diese Liebe ist im Christentum ausdrücklich nicht an bestimmte Eigenschaften oder Wohlverhalten gebunden, sondern auf die Person als ganze mit all ihren Fehlern. Damit ist ein weiteres zentrales Kriterium der Liebe erfüllt“ (155)
Ich denke hier an das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Der liebende Vater läuft ihm entgegen, sobald er ihn sieht und umarmt ihn.
„Das Kriterium, dass personaler Liebe am Wohlergehen des anderen gelegen ist, drückt das Interesse an seinen Belangen und an der Verwirklichung seiner Bestrebungen aus, genau das, was der Gläubige tut, wenn er Gottes Gebote befolgt.“ (156)
Das bestätigt z.B. 1. Johannes 5,1-3.
„Das…Kriterium, dass der Liebe das Bestreben eigentümlich ist, dem Objekt der Liebe nahe sein zu wollen, gilt sicherlich auch für die Liebe der Gläubigen zu Gott. Das Kriterium, dass Liebe auf etwas gerichtet ist, was dem Liebenden fehlt und wonach er sich sehnt, gilt ebenfalls für die Gottesliebe…Begehrt wird in der Liebe der Menschen zu Gott nicht mehr uns nicht weniger als die Teilhabe am Göttlichen, an dem, was den Menschen entweder ganz fehlt oder dessen sie jedenfalls nicht dauerhaft teilhaftig sein können, wonach sie sich aber sehnen.“ (155)
Paulus möchte Christus „erkennen“ und mit diesem Erkennen ist sicherlich ein liebendes Erkennen gemeint, das zu engster Lebensgemeinschaft mit Christus führt (Philipper 3,7-11). Sein größter Wunsch ist es, aufzubrechen und „mit Christus zu sein.“ (Philipper 1,23)
„Als ein weiteres Kriterium für die Liebe im Vollsinn hatten wir den Kontakt mit dem Objekt der Liebe, das Involviert-Sein in gemeinsame Situationen, genannt….Bei der Liebe der Gläubigen zu Gott kann man sicherlich sagen, dass mit der Nähe zu ihm auch gemeinsame Situationen angestrebt werden, dass Gläubige sich Gott etwa im Gebet nahe fühlen und hoffen, durch das Gebet erhört zu werden.“ (155)
Gutes Beispiel dafür ist 1. Johannes 5,14-15.
„Der Gläubige weiß sich von Gott geliebt, aber auch er liebt ihn nicht deswegen, als eine Art Gegenleistung, sondern darum, weil Gott derjenige ist, der er ist – er liebt ihn um seiner selbst willen. Das gleiche gilt für die Liebe von Gott zu den Menschen; auch diese Liebe ist im Christentum ausdrücklich nicht an bestimmte Eigenschaften oder Wohlverhalten gebunden, sondern auf die Person als ganze mit all ihren Fehlern. Damit ist ein weiteres zentrales Kriterium der Liebe erfüllt“ (155)
Ich denke hier an das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Der liebende Vater läuft ihm entgegen, sobald er ihn sieht und umarmt ihn.
„Das Kriterium, dass personaler Liebe am Wohlergehen des anderen gelegen ist, drückt das Interesse an seinen Belangen und an der Verwirklichung seiner Bestrebungen aus, genau das, was der Gläubige tut, wenn er Gottes Gebote befolgt.“ (156)
Das bestätigt z.B. 1. Johannes 5,1-3.
Natur - Kirchbergteich
Montag, 3. August 2009
Geistliche Übungen (3): Achtung zeigen
Viel soziales Gift entsteht dadurch, dass wir die negativen Eindrücke, die wir von anderen gewonnen haben, als Vorurteile pflegen und hegen und gerne als Gerüchte in Klatschrunden weiterverbreiten. Wir werten uns auf, indem wir andere abwerten. Oft beruhen unsere negativen Einschätzungen aber auf reinen Missverständnissen. Nicht selten schämen wir uns vor uns selbst, wenn wir uns dabei ertappen, falschen Eindrücken oder Informationen aufgesessen zu sein. Natürlich sind wir nicht nur Täter, sondern oft auch Opfer von Gerüchten und Unterstellungen, von denen wir wissen, dass sie so überhaupt nicht zutreffen. Seltsam nur, dass wir aus solchen Widerfahrnissen nicht den Schluss ziehen, dass unser Gerede über andere eben auch nicht gerade zuverlässiger ist.
Das Gegengift ist die Fähigkeit, Klatsch möglichst zu unterlassen und Gerüchten auf den Grund zu gehen, indem man z.B. sich selbst ein Bild von der Sache macht. Ein kurzes Gespräch mit der betreffenden Person kann da Wunder wirken. Der Sachverhalt stellt sich für uns nun schon anders da. Es gehört nicht viel Mut dazu, diesen Schritt zu gehen und doch wird er so oft unterlassen. Wir geben damit dem anderen die Chance, seine Würde zu behalten. Mit diesem Schritt zeigen wir, dass uns die Achtung des anderen wichtiger ist als der Genuss, ihn abzuwerten. Die Übung der Achtung vertieft sich, wenn wir uns grundsätzlich immer wieder daran erinnern – mehrmals am Tag –, in unserem Erleben und mit unserem Handeln die Würde der anderen zu mehren und nicht zu verringern. „Derjenige Mensch hat den höchsten Wert, in dessen Nähe andere an Wert gewinnen.“
Das Gegengift ist die Fähigkeit, Klatsch möglichst zu unterlassen und Gerüchten auf den Grund zu gehen, indem man z.B. sich selbst ein Bild von der Sache macht. Ein kurzes Gespräch mit der betreffenden Person kann da Wunder wirken. Der Sachverhalt stellt sich für uns nun schon anders da. Es gehört nicht viel Mut dazu, diesen Schritt zu gehen und doch wird er so oft unterlassen. Wir geben damit dem anderen die Chance, seine Würde zu behalten. Mit diesem Schritt zeigen wir, dass uns die Achtung des anderen wichtiger ist als der Genuss, ihn abzuwerten. Die Übung der Achtung vertieft sich, wenn wir uns grundsätzlich immer wieder daran erinnern – mehrmals am Tag –, in unserem Erleben und mit unserem Handeln die Würde der anderen zu mehren und nicht zu verringern. „Derjenige Mensch hat den höchsten Wert, in dessen Nähe andere an Wert gewinnen.“
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