Freitag, 14. August 2009
Seligpreisungen - Ermutigung zu einer gewaltlosen Lebensform
Matthäus 5, 1: Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
8 Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich
(Lutherübersetzung)
Diese 8 Seligpreisungen bei Matthäus sind kunstvoll gestaltet: die Wendung "Reich der Himmel" ("Himmelreich") wird in der 1. und 8., das Wort "Gerechtigkeit" in der 4. und 8. Seligpreisung verwendet. Meine These ist: Matthäus läßt Jesus Menschen glückselig sprechen, die in ihrem Verhalten auf Gewalt verzichten, weil sie sich am Reich Gottes (an der Herrschaft Gottes) orientieren. Jesus hebt Einstellungen und Verhaltensweisen hervor, die gewaltlos sind oder der Gewalt entgegenstehen. Diese Behauptung möchte ist jetzt kurz für jede Glücklichpreisung begründen:
Die „im Geist Armen“ sind nicht die Beschränkten oder Naiven, sondern Menschen, die bewusst darauf verzichten, andere Menschen ausgrenzende Gewalt durch Arroganz und Verachtung auszuüben. Wer „geistig arm“ ist, bläht sich nicht auf, sondern denkt von sich selbst bescheiden und lässt damit auch anderen ihren Raum.
Die „Trauernden“ (das ist genauer als die Formulierung "die da Leid tragen" bei Luther) weinen über unterschiedliche Formen der Gewalt. Sie spüren die Gewalt, die ihnen selbst angetan wird. Sie haben sich kein „dickes Fell“ zugelegt, sie nehmen auch subtile Formen der Gewalt wahr (Kränkungen, Ausgrenzungen, Übersehen werden). Die Trauernden sind aber auch genauso sensibel für Gewalt, die sie selbst ausüben, und darunter leiden sie. Schließlich haben sie einen Blick für die Gewalt, die anderen angetan wird. Sie leiden mit den Opfern. Sie schauen nicht weg, sondern weinen mit ihnen.
Die „Freundlichen“ (oder: Sanftmütigen) können sich mit ihrer Sanftmut in andere Menschen einfühlen und ihnen nahe sein, ohne das Innere des Mitmenschen gewaltsam einzudringen. Sie achten die Grenzen der Anderen.
Wer nach „Gerechtigkeit hungert und dürstet“, hält in sich die Sehnsucht nach einer Welt wach, in der Fairness das gegenseitige Verhalten bestimmt. Aber er will diese bessere Welt nicht mit Gewalt durchsetzen. Vielmehr unterstützt er Menschen, die sich für Fairness einsetzen und bemüht sich selbst darum.
Die „Barmherzigen“ wenden sich der Not von Gewaltopfern zu, ohne selbst Gewalt anzuwenden. Sie helfen Misshandelten, Ausgeraubten oder Mobbing-Opfern wieder auf die Beine. Jesus hat dies im Gleichnis vom barmherzigen Samariter anschaulich beschrieben. Der Samariter sieht den halbtot am Wegerand liegenden Überfallenen, versorgt vorsichtig seine Wunden und bringt ihn dann an einen Ort, wo er wieder zu Kräften kommen kann.
Wer „im Herzen rein“ ist, dessen Gefühle sind frei von Gewaltphantasien. Sein Denken kennt keine Rachepläne. Der Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt, von Vergeltung und Rache wird von denen, die reinen Herzens sind, unterbrochen.
Die „Friedensstifter“ (die Übersetzung Luthers "die Friedfertigen" ist zu wenig aktiv formuliert) suchen nach Wegen, zerstörerischen Streit zu verhindern oder zu beenden. Wenn sie selbst in einen destruktiven Streit verstrickt sind, wollen sie nicht Sieger sein, sondern aus dem Gegner einen Freund machen. Wenn sie im Streit vermitteln, haben sie nicht nur eine Feuerpause, sondern Freundschaft im Blick. Denn wirklicher Friede ist nur dort zu Hause, wo Menschen einzeln oder in Gruppen einander als Freunde betrachten.
Die „um der Gerechtigkeit willen Verfolgten“ sind Menschen, die das Risiko auf sich nehmen, im Engagement für Gerechtigkeit Gewalt selbst Gewalt zu erfahren. Sie erdulden Leid, ohne zurückzuschlagen.
Was Jesus hier im Blick hat, ist keine schwächliche, sondern eine "starke" und aktive Gewaltlosigkeit, die von Liebe und Barmherzigkeit motiviert ist.
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