Donnerstag, 27. August 2009

Lebenskunst

"In der Toskana erzählt man sich die Geschichte eines alten Conte, der sehr, sehr alt wurde, weil er ein Lebensgenießer war. Er verließ niemals das Haus, ohne sich vorher eine Hand voll Bohnen in die Tasche zu stecken. Er tat dies nicht etwa, um die Bohnen zu kauen.
Nein, er nahm sie mit, um so die schönen Momente des Tages bewusster wahrzunehmen und um sie besser zählen zu können. Wie hat er das gemacht?
Für jede positive Kleinigkeit, die er tagsüber erlebte, das Lachen der jungen Frau aus dem Nachbarhaus, ein schönes Essen, einen glänzenden Apfel, spielende Kinder auf der Piazza, die Zigarre beim Plausch mit einem Bekannten, einen schattigen Platz in der Mittagshitze, ein Glas guten Weines, und, und, und.
Für alles, was seine Sinne erfreute, ließ er eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Manchmal waren es gleich zwei oder drei.
Abends saß er dann zu Hause und zählte die Bohnen, die er in die linke Tasche gesteckt hatte. Es war nicht nur ein Zählen. Nein, er zelebrierte diese Minuten. Dabei führte er sich alles Schöne vor Augen, das ihm an diesem Tag widerfahren war und er freute sich. Und sogar an einem Abend, an dem er bloß eine Bohne zählte, ging ein Lächeln über sein Gesicht, denn der Tag war gelungen.
Es hatte sich zu leben gelohnt."
(Quelle unbekannt)

Fundort: Harmjan Dam und Stefanie Daube (Hrsg.), Die Mitte suchen. Spiritualität in und um Schule, 2009, S. 17.

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